Der vergangene Sommer brachte vielerorts neue Hitzerekorde – und reihte sich damit in eine eindeutige klimatologische Entwicklung ein.

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Die Folgen des Klimawandels sind unübersehbar – nicht nur in besonders betroffenen Ländern im Globalen Süden. Hitzewellen, extreme Trockenheit und Waldbrände werden auch in Europa immer häufiger. Wie groß das Problem bereits ist, zeigt eindrucksvoll der am Donnerstag veröffentlichte neue Bericht des EU-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus. Aus dieser datengestützten Analyse geht hervor, welche traurigen Rekorde Europa im Jahr 2022 gebrochen hat: Nie zuvor wurden auf dem europäischen Kontinent so heiße Sommertemperaturen gemessen, nie verloren die Alpengletscher so viel Eis, nie brannten so große Waldflächen in der Europäischen Union.

In Grönland ist es heißer als in den letzten 1000 Jahren. Gletscher schmelzen schneller als erwartet. Kippt der Eisschild, stiegt der Meeresspiegel um sieben Meter. Wie realistisch das ist und wie sich die Schmelze noch verlangsamen lässt.
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Das, so zeigen alle wissenschaftlichen Daten, sind aber erst die Vorboten von noch weit dramatischeren Entwicklungen – in Europa und in anderen Teilen der Welt. Während die Treibhausgaskonzentration in der Erdatmosphäre neue Höchstwerte erreicht, fehlt es nach wie vor an entschlossenem Handeln, um die globalen Emissionen möglichst rasch zu reduzieren. In immer mehr dürregeplagten Regionen der EU muss schon heute immer häufiger Wasser für die Landwirtschaft rationiert werden, und dennoch mangelt es weiterhin an gesellschaftlichem Konsens und politischem Mut, um endlich die richtigen Weichen zu stellen. Es geht um alltägliche Entscheidungen, wie wir uns ernähren und wie wir konsumieren wollen, aber viel mehr noch um große Transformationen in der Industrie und global bindende Klimaabkommen.

Ein wichtiges Ziel im Kampf gegen den Klimawandel hat die Menschheit schon verpasst: Das Vorhaben, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, ist nicht mehr realistisch. Aber auch das Zwei-Grad-Ziel rückt immer weiter in die Ferne, wie ein Blick auf jüngste Klimadaten zeigt. Das ist kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, im Gegenteil. Jedes Zehntelgrad, um das wir die globale Erwärmung bremsen können, zählt. Nur durch eine rasche und konsequente Senkung der Treibhausgasemissionen können künftige Extremwetterereignisse und damit großes Leid vermindert werden. (David Rennert, 20.4.2023)