Kanzler Karl Nehammer will an E-Fuels festhalten. Die nun wieder genannte Förderung ist aber kein neues Geld, sondern längst zugesagte Fördermittel.

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Wien – Die 600 Millionen Euro, mit denen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf dem Autogipfel geworben hat, sind kein frisches Geld. Sie stehen auch nicht primär für die Forschung an synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, zur Verfügung. Es ist gewissermaßen alter Wein in neuen Schläuchen, der hier verkauft wird.

Dieser Wein stammt aus der im Oktober angekündigten Klima- und Transformationsoffensive, die aus fixen Förderlinien besteht, über die in den Jahren bis 2030 die Transformation der österreichischen Industrie in Richtung Klimaneutralität angeschoben werden soll. Erklärtes Ziel sind klimaneutrale Produktionswerke in der Sachgüterindustrie. Gefördert wird, um die enorm exportorientierte heimische Industrie international wettbewerbsfähig zu halten.

Seit März liegen erste Förderlinien auf, aus denen Unternehmen bei der Forschungsförderungsgesellschaft FFG und der staatlichen Förderbank AWS Anschubfinanzierungen für Forschung und Entwicklung einerseits, aber auch Investitionsförderungen beantragen können. "Das ist die Antwort Österreichs auf den 'Inflation Reduction Act' in den USA", sagt Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP). Die unter dem Titel Inflationsbekämpfung angekündigten US-Förderungen bringen die unter hohen Energie- und Rohstoffkosten leidenden europäischen Industriebetriebe zusätzlich unter Wettbewerbsdruck.

Mittel für Forschung reserviert

Die im Bundeshaushalt eingestellten Fördergelder sind für "anwendungsorientierte und technologieoffene Forschung" reserviert, etwa die Förderung der Wirtschaft und "wichtige Projekte beispielsweise betreffend Halbleiterindustrie". "Wir stärken dadurch den Wirtschafts- und Produktionsstandort Österreich", sagte Kocher bei der Präsentation im Februar. Auch die Abhängigkeit von internationalen Lieferketten solle verringert werden. Begünstigt sind "zukunftsträchtige Technologien und alle Organisationsgrößen" – von Start-ups über Klein- und Mittelbetriebe bis hin zu Industriebetrieben –, und dies nicht auf bestimmte Sektoren beschränkt.

Als Schwerpunkte genannt wurden explizit die Sektoren Automotive, Mikroelektronik und Life-Sciences – womit klar ist, dass auch Forschung an den kontrovers diskutierten E-Fuels inkludiert ist. Wie viel Geld konkret in welchen Bereich fließen wird, hängt naturgemäß von den Ambitionen und Vorhaben der antragstellenden Unternehmen ab. Dafür sorgt auch die Technologieoffenheit des Förderregimes.

Ein Umwidmen von zusätzlichen Fördergeldern hin zu E-Fuels erscheint schon aus diesem Grund schwierig, denn die Förderlinien unterliegen dem EU-Beihilfenregime.

Deutlich schwieriger gestaltet sich die Förderung von Neuansiedlungen, Erweiterungsinvestitionen oder der Transformation von Unternehmen auf die Herstellung neuer Produkte, weil beispielsweise den bisher produzierten Waren und Gütern mit dem Aus für Kfz-Neuzulassungen mit Verbrennungsmotor in der EU im Jahr 2035 der stille Tod droht.

Drei Förderschienen

Konkret wird in drei Schienen gefördert: Für Forschungs- und Technologieentwicklungsförderung sind bis 2026 rund 300 Millionen Euro reserviert, wobei heuer 55 Millionen Euro zusätzlich angekündigt wurden. Die maximale Förderung pro Unternehmen ist mit drei Millionen Euro gedeckelt.

Die zweite Förderschiene besteht aus 50 Millionen Euro für Qualifizierungsmaßnahmen für Beschäftigte, davon zehn Millionen Euro noch heuer, die in Form sogenannter Skills-Schecks und anderer Weiterbildungsformate zur Ausbildung bzw. Umschulung von Schlüsselkräften vorgesehen sind.

Probleme gibt es, wie berichtet, bei der Standort- und Investitionsförderung. Der europäische Beihilfenrahmen "Net Zero Industry Act" sei zu restriktiv, da werde noch in Brüssel verhandelt, heißt es im Wirtschaftsministerium. Reserviert sind aus diesem Titel im Zeitraum 2023 bis 2026 rund 220 Millionen Euro. (Luise Ungerboeck, 20.4.2023)