Ferdinand Wegscheider leitet als Intendant die Geschicke des Privatsenders Servus TV. Den inhaltlichen Kurs werde er weiter bestimmen, sagt er.

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Nach dem Tod von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz strukturiert der Getränke- und Lifestylekonzern seine Medienaktivitäten neu. Dietmar Otti, zuletzt Chief Operating Officer (COO) im Red Bull Media House, orchestriert künftig als Global Head of Media des Media Brand Network die Mediensparte des Konzerns. Das geht aus einer internen Mitteilung des Unternehmens hervor, die dem STANDARD vorliegt. Darin informierte kürzlich Ex-Red-Bull-Leipzig-Manager Oliver Mintzlaff die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das neue Organigramm.

Unter der Anrede "Liebe Bullen" schreibt Mintzlaff, dass Red Bull ein "Lebensgefühl" und damit "mehr als ein Getränk" ist. "Wir sind authentisch, zielstrebig, leidenschaftlich, wir polarisieren, sind kreativ und nehmen uns nicht immer allzu ernst." Und weiter: "Wir wollen euch und uns jeden Tag challengen." Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter solle Verantwortung übernehmen, um der "Vision von Dietrich Mateschitz bestmöglich gerecht zu werden". Mintzlaff ist einer von drei Geschäftsführern der Red Bull GmbH und als solcher zuständig für die Medienagenden.

Was Dietmar Otti verantwortet

Mintzlaffs verlängerter Arm für die Red-Bull-Mediensparte ist Dietmar Otti. Die Medienschiene mit Servus TV und diversen Magazinen war Mateschitz' große Leidenschaft und könnte inhaltlich neu aufgestellt werden. Otti ist in seiner Funktion etwa zuständig für den Sender Servus TV, die Publishing-Schiene mit Magazinen wie "Servus in Stadt & Land", die Produktionsfirma Terra Mater oder den Verlag Benevento. Otti berichtet an Mintzlaff.

Otti stieg 2003 ins Medienbusiness bei Verleger Eugen Russ in Vorarlberg ein. Von 2006 bis 2008 war er Geschäftsführer beim "Wirtschaftsblatt", des Styria-Medienkonzerns, bevor er nach Deutschland zum Springer-Verlag ging. 2015 wechselte er zum deutschen Bauer-Verlag, bevor er 2017 als als Chief Operating Officer (COO) im Red Bull Media House anheuerte.

Redaktionelle Führung bei Andreas Kornhofer

Neben Otti avanciert Andreas Kornhofer im Konzern. Er war Leiter des Red-Bull-Media-House-Verlags mit Publishing-Titeln wie "Servus in Stadt und Land", "Bergwelten" oder "Carpe Diem". Kornhofer spielt nun eine Schlüsselrolle in der Medienwelt von Red Bull – als Qualitätswächter. Bei ihm ist die inhaltliche Leitung und redaktionelle Führung für das gesamte Media Brand Network angesiedelt und damit die "Sicherstellung der Qualität des Premium-Contents für alle Brands im Network", wie es in der Mitteilung heißt. Nicht näher definierte Umstrukturierungen würden von Otti und seinem Team erarbeitet. Sie könnten auch Servus TV, das zum Netzwerk gehört, betreffen.

Wegscheider: Servus TV bleibt inhaltlich auf seiner Linie

Was das für den Kurs des Privatsenders genau bedeutet, ist noch unklar. Kornhofer dürfte jedenfalls auch inhaltlich mitmischen, auf eine STANDARD-Anfrage reagiert er nicht. Die redaktionelle Linie gibt seit dem Jahr 2016 Senderchef Ferdinand Wegscheider (62) vor. Er galt als rechte Hand und Protegé von Dietrich Mateschitz' "Die inhaltliche Ausrichtung des Senders ändert sich nicht", sagt Wegscheider auf STANDARD-Anfrage, ob sich die Umstrukturierung auch redaktionell niederschlagen werde. Und: "Ich bin – wie auch der durch die Komm Austria eben erst verlängerten Sendelizenz zu entnehmen ist – als Intendant für die inhaltliche Ausrichtung alleinverantwortlich." Ob Kornhofer jetzt sein Chef sei? Wegscheider verneint: "Dem ist nicht so. Andi Kornhofer ist nicht mein Vorgesetzter."

Am Donnerstag hat Servus TV jedenfalls bekanntgegeben, dass Goetz Hoefer neuer Programmdirektor des Senders wird. Diese Position wurde neu geschaffen.

Komm Austria stellte Verstoß fest

Ferdinand Wegscheider ist nicht erst, aber besonders seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie die polarisierende und umstrittene Figur an der Spitze des Senders. Wegscheider polemisiert gerne gegen die "Plandemie" und bietet Corona-Verharmlosern eine Bühne. Servus TV hat sich früh als Sammelbecken für Maßnahmengegner positioniert und sich ein Image zugelegt, das nicht allen im Konzern passt.

Ferdinand Wegscheiders in seiner wöchentlichen als Satire deklarierten Sendung "Der Wegscheider" vorgetragene Polemik ging so weit, dass die Medienbehörde Komm Austria einen Verstoß gegen das Objektivitätsgebot festgestellt hatte. Sie konstatierte "grob verzerrende Formulierungen und Darstellungen ohne ausreichendes Tatsachensubstrat" – gerade in puncto Corona-Berichterstattung. Servus TV legte dagegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Österreichs größter Privatsender

Servus TV hat sich in den letzten Jahren auch aufgrund des Kaufs teurer Sportrechte im Fußball, Motorsport und Tennis sowie mit der Produktion aufwendiger Naturdokus zu Österreichs reichweitenstärkstem Privatsender entwickelt. Einen Teil dazu tragen auch die Nachrichten und Talkformate bei. Zuletzt erreichte der Sender einen Marktanteil von 4,4 Prozent in der Zielgruppe ab zwölf Jahren, für Servus TV war das der stärkste März der Sendergeschichte. Mit der Champions League und der Europa League verliert Servus TV ab der übernächsten Saison* allerdings quotenträchtige Säulen der Sportberichterstattung. (omark, fid, 21.4.2023)