Wien – Das Parlament muss sich in nächster Zeit mit einigen direktdemokratischen Initiativen auseinandersetzen: Alle Volksbegehren konnten in der Eintragungswoche von 17. bis 24. April die Hürde von 100.000 Unterschriften überschreiten und müssen somit vom Nationalrat behandelt werden. Bis Montag um 20 Uhr konnte online unterschrieben werden. Mit 168.708 Unterstützungserklärungen und Eintragungen landete das Volksbegehren "Beibehaltung Sommerzeit" auf Platz eins.

Knapp dahinter zu liegen kam das Volksbegehren gegen die Gis-Gebühren mit 167.406 Unterschriften. Die Gebühren werden aber ohnehin bis Ende 2023 aufgehoben und durch eine ORF-Haushaltsabgabe ersetzt. Schon am Montagnachmittag sprach Mitinitiator Werner Bolek gegenüber dem STANDARD von rund 160.000 Personen, die das Volksbegehren unterstützten. Bolek ist auch Bevollmächtigter jenes Volksbegehrens, das eine Obergrenze für Bargeld ablehnt. Dieses unterstützten schlussendlich 121.350 Personen.

Die erfolgreichen Volksbegehren muss der Nationalrat behandeln.
Foto: APA/ Florian Wieser

Die beiden Volksbegehren "Nehammer muss weg" und "Echte Demokratie" von Robert Marschall, ehemaliger Gründer der EU-Austritts-Partei, erhielten jeweils 106.440 respektive 131.619 Unterstützungserklärungen und Eintragungen.

Die Initiativen für ein Lieferkettengesetz und für eine "unabhängige Justiz", die der Anwalt Marcus Hohenecker initiiert hat, unterstützten 120,397 beziehungsweise 143.217 Österreicherinnen und Österreicher. Das Volksbegehren für die unabhängige Justiz wurde damit das dritterfolgreichste der sieben Anliegen.

Wiederholende Initiativen

Der nächste Weg führt die Volksbegehren also ins Hohe Haus. Dort werden den Abgeordneten einige Anliegen bekannt vorkommen, denn bereits im vergangenen Herbst lagen ähnliche Volksbegehren zur Unterschrift auf. So konnte im September ebenfalls gegen eine Bargeldobergrenze und gegen die GIS-Gebühren unterschrieben werden.

Das damalige Bargeld-Volksbegehren wurde erst im Februar dem zuständigen Ausschuss zugewiesen. Auf die Nachfrage, welchen Sinn das wiederholte Initiieren der gleichen Themen mache, betonte Bolek: "Es bedarf eines wiederholten Anklopfens, damit die Anliegen auch tatsächlich im Parlament Anklang finden."

Wenig Resonanz im Parlament dürfte die Initiative "Nehammer muss weg" auslösen. Ein Gesetzesvorschlag braucht bekanntlich eine Mehrheit im Nationalrat, damit er angenommen wird. Da die türkis-grüne Regierung unter Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) aktuell die Mehrheit stellt, hat das Volksbegehren kaum eine Chance.

Das sieht Initiator Marschall aber anders: Er gehe davon aus, dass Nehammer in kurzer Zeit zurücktreten werde. Im Übrigen kann ein Volksbegehren gar keinen Misstrauensantrag gegen ein Regierungsmitglied stellen. Die Initiative fordert also mit ihrem Gesetzesvorschlag formal eine Änderung dieser gesetzlichen Richtlinie und nicht den Rücktritt von Nehammer.

Weitere Volksbegehren in den Startlöchern

Wer erneut den Stift zücken und mehrere direktdemokratische Initiativen unterstützen will, braucht nicht lange zu warten: Mitte Juni steht die nächste Eintragungswoche mit insgesamt neun Volksbegehren an. Dann kann unter anderem für die Neutralität Österreichs, für die Live-Übertragung von Untersuchungsausschüssen oder gegen Lebensmittelverschwendung unterschrieben werden. (Max Stepan, 24.4.2023)