Kein Auskommen mit dem Einkommen – das trifft wegen der anhaltend hohen Inflation auf immer mehr Menschen in Österreich zu.

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In Österreichs Haushalten wird das Geld wegen der anhaltend hohen Inflation immer knapper. Die Folge ist ein sprunghafter Anstieg der Nachfrage nach Konsumkrediten. "Die inflationsbedingt höheren Fixkosten sind für viele österreichische Haushalte schlichtweg nicht mehr leistbar", berichtet Martin Spona, Leiter des Bereichs Consumer Finance bei dem Vergleichsportal Durchblicker. Immer mehr Menschen benötigten daher einen Konsumkredit, um damit im Nachhinein ihre laufenden Kosten abzudecken.

Bei Durchblicker hat sich das Volumen der abgeschlossenen Konsumkredite 2022 trotz der stark gestiegenen Zinsen, verglichen mit dem Vorjahr, enorm erhöht. Vor einem Jahr haben demnach etwa 13 Prozent einen Verbraucherkredit zur Umschuldung verwendet, derzeit trifft dies auf etwa jeden sechsten Kreditnehmer, also fast 17 Prozent, zu. Zweitwichtigster Grund für einen Konsumkredit ist ein Autokauf, gefolgt von Möbeln und anderen Investitionen in den Wohnbereich.

Derzeit werden die finanziellen Pläne der Haushalte Spona zufolge durch die hohe Teuerung komplett durcheinandergewürfelt. Oftmals ist das Konto dauerhaft im Minus – wobei dies die teuerste aller Kreditformen darstellt. "Wer als Konsequenz daraus sein Konto mit Sollzinsen von bis zu 14 Prozent nicht ständig überziehen will, setzt besser auf eine finanzielle Überbrückung in Form eines Konsumkredits", sagt Spona. Laut Daten der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) gab es im Vorjahr insgesamt ein Finanzierungsvolumen über Verbraucherkredite von 4,45 Milliarden Euro.

Geringere Zinsbelastung

Aber macht das auch wirklich Sinn, ein überzogenes Konto auf einen Konsumkredit umzuschulden? Wegen der geringeren Zinsbelastung schon, aber nur mit Einschränkungen, meint Bernd Lausecker vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). "Damit kann man sich vorübergehend Luft verschaffen, aber es löst die Probleme nicht", gibt der Verbraucherschützer zu bedenken. Um die persönlichen Finanzen dauerhaft wieder ins Lot zu bringen, müsste man die Ausgaben verringern – sofern dies überhaupt möglich sei.

"Man sollte sich fragen: Wofür gebe ich Geld aus, und worauf kann ich verzichten?", sagt Lausecker mit Blick auf Fixkosten wie Abos für Fitnesscenter oder unnötig teure Handyverträge. Sollte sich abzeichnen, dass sich dauerhaft kein Auskommen mit dem Einkommen erzielen lässt, empfiehlt der Verbraucherschützer, eine staatlich anerkannte Schuldnerberatung aufzusuchen – und zwar "so früh wie möglich".

Besonders die enorm gestiegenen Lebensmittelpreise machen einkommensschwachen Haushalten schwer zu schaffen.
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Bei diesen erwartet man ohnedies mehr Anfragen finanziell überforderter Menschen. Neben Haushaltsenergie, Miete und höheren Zinsen verursachten Preiserhöhungen bei Lebensmitteln die größten Probleme bei einkommensschwachen Haushalten, sagt Clemens Mitterlehner, Chef der ASB Schuldnerberatungen. Immer öfter bekommen ihm zufolge Menschen finanzielle Schlagseite, die die Situation eigentlich unter Kontrolle hatten. Aber Mehrkosten von 300 Euro seien für viele Haushalte nicht zu stemmen.

Anhaltender Trend

Der Trend zu Verbraucherkrediten dürfte heuer also anhalten, bei Durchblicker habe es im ersten Quartal um ein Drittel mehr Anfragen nach Konsumkrediten gegeben. "Wer bereits vor der Teuerung finanziell am Limit war, wird seine Lebenserhaltungskosten jetzt oft nur mithilfe eines Kredits bestreiten können", sagt Spona von Durchblicker. Bei einem neuen Kredit rät der Finanzierungsexperte eher zur Fixverzinsung. Wer schon einen variabel verzinsten Kredit besitzt, für den kann sich ein Umstieg auf einen Fixzinskredit lohnen.

"Durch die Umschuldung sichert man sich vor steigenden Zinsen ab", erklärt Spona. Denn die Kosten für variabel verzinste Kredite haben bereits kräftig angezogen – zuletzt im März mit der Anhebung der Leitzinsen von drei auf 3,5 Prozent durch die Europäische Zentralbank (EZB). "Ein weiterer Anstieg ist absehbar", sagt Spona.

Zinszyklus dem Ende nahe

Die meisten Beobachter gehen zwar davon aus, dass die EZB im Mai die Leitzinsen ein weiteres Mal anheben wird. Sie erwarten aber auch, dass das Ende des Zinsanhebungszyklus dann bereits sehr nahe ist, da sich die Finanzierungsbedingungen bereits ausreichend verschärft haben. Bei der Vergabe von Immobilienkrediten stehen Banken bereits auf der Bremse. Laut Bank-Austria-Chefökonom Stefan Bruckbauer hat sich in diesem Bereich das Neugeschäft auf weniger als eine Milliarde Euro pro Monat mehr als halbiert.

Trotz der Unsicherheit über das weitere Vorgehen der EZB spricht sich auch Verbraucherschützer Lausecker vom VKI im Zweifel für einen fixverzinsten Konsumkredit zur Umschuldung aus: "Wenn man finanziell an der Grenze ist, sollte man einen Fixzinskredit wählen", sagt er. Dann habe man zunächst etwas höhere Kosten, sei aber vor negativen Überraschungen in Form steigender Zinszahlungen geschützt.

Allerdings sind die fixen Kreditzinsen bereits stark angestiegen. Spona rechnet vor: Lagen die Zinsen für einen Kredit in Höhe von 19.000 Euro auf ´fünf Jahre Anfang 2022 noch bei fünf Prozent Effektivzinsen, sind es aktuell im günstigsten Fall sieben Prozent. "Daraus ergibt sich eine Mehrbelastung an Zinsen und Gebühren von rund 1.000 Euro", sagt der Experte. Zum Vergleich: Bei einem variabel verzinsten Kredit mit derselben Höhe und Laufzeit würden derzeit – allerdings nur im günstigsten Fall – etwa 5,2 Prozent pro Jahr fällig. (Alexander Hahn, 26.4.2023)