Mit den steigenden Zinsen kehrt auch das Interesse an klassischen Lebensversicherungen langsam wieder zurück.

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Die Wiener Städtische Versicherung, die laut eigenem Bekunden gut durch das von Inflation und steigenden Zinsen geprägten Vorjahr gekommen ist, verzeichnete erstmals nach langer Flaute wieder zunehmendes Interesse an privater Altersvorsorge. Das Volumen bei Lebensversicherungen betrug bei der Städtischen 1,1 Milliarden Euro, das entspricht einem kleinen Plus von 0,3 Prozent. Zum Vergleich: Der Gesamtmarkt, in dem es seit 2010 etwa eine Milliarde Euro weniger an laufenden Prämien gibt, ist mit minus 0,1 Prozent im Vorjahr weiter geschrumpft.

Dennoch, Wiener-Städtische-Chef Ralph Müller erwartet wegen des steigenden Zinsniveaus eine Trendwende bei klassischen Lebensversicherungen. Diese hätten zuletzt wieder 35 bis 40 Prozent des Neugeschäfts ausgemacht: Zuvor waren es etwa zehn Prozentpunkte weniger, da klassische Lebensversicherungen unter der sechsjährigen Nullzinsphase der EZB zu leiden hatten, weshalb die Kundschaft stärker auf fondsgebundene oder hybride Lebensversicherungen gesetzt hatte. "Es ist noch zu früh, von einer Renaissance zu sprechen, aber die klassische Lebensversicherung ist wieder en vogue", sagt Müller.

Comeback der Zinsen

Ein wichtiger Schritt dabei sei jedenfalls das Comeback der Zinsen gewesen, meint Müller. Deshalb habe man die Gesamtverzinsung in der Lebensversicherung wieder auf zwei Prozent erhöht. Allerdings ist die reale, also inflationsbereinigte Verzinsung durch die vorjährige Teuerungswelle von 8,6 Prozent weiter in den negativen Bereich gerutscht. "Mit einer klassischen Lebensversicherung hat man auch in der Vergangenheit selten eine positive Realverzinsung erlebt", erklärt Müller. Vielmehr gehe es bei dem Produkt um Sicherheit und stabile Rentenzahlungen.

Generell erhofft sich der Versicherungschef künftiges Wachstum bei der privaten Altersvorsorge. Das staatliche System sei zwar sicher und leistungsfähig, ausschließlich darauf zu bauen hält Müller angesichts des demografischen Wandels aber nicht für ratsam oder gesund. "Deswegen ist es aus unserer Sicht absolut wichtig, hier Akzente zu setzen und das System auf mehrere Säulen aufzustellen." Der Regierung warf er im Bereich der privaten Altersvorsorge Untätigkeit vor, dabei würden viele Vorschläge auf dem Tisch liegen.

Insgesamt stiegen die Prämieneinnahmen der Städtischen im vergangenen Jahr um zwei Prozent auf 3,3 Milliarden Euro, wobei die die Schaden- und Unfallsparte das stärkste Wachstum verzeichnete. Der Vorsteuergewinn legte um zwölf Prozent auf 220 Millionen Euro zu. (aha, 26.4.2023)