Als "sehr, sehr dürftig" bezeichnete Andreas Hanger (ÖVP) die Ergebnisse des Ausschusses. Er geizte auch in der Vergangenheit selten mit Kritik an dem Ausschuss und den Oppositionsparteien.

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Wien – Der Nationalrat hat am Donnerstag den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss endgültig ad acta gelegt. Mit dem Aufruf des – letztlich einstimmig angenommenen – Abschlussberichts wurde er offiziell beendet. In dem Konvolut, das auch die Berichte der fünf Fraktionen enthält, blieb die ÖVP mit der Einschätzung allein, dass der Ausschuss kaum Ergebnisse gebracht habe. Opposition und Grüne sahen das anders: Von Korruption, Postenschacher und Steuergeschenken war da die Rede.

Umstrittener Vorsitz bis zuletzt

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), in seiner Rolle als U-Ausschuss-Vorsitzender höchst umstritten, stellte um 10.34 Uhr "ausdrücklich" die Beendigung desselben fest. ÖVP-Fraktionsvorsitzender Andreas Hanger wiederholte danach in der Debatte seine oft geübte Kritik an dem Gremium. Der Untersuchungsgegenstand habe "mit Sicherheit" nicht der Verfassung entsprochen und das parlamentarische Kontrollinstrument sei zu Wahlkampfzwecken missbraucht worden, meinte er. Die Ergebnisse seien zudem "sehr, sehr dürftig" gewesen, und der Bericht des Verfahrensrichters zeige, dass es keine Hinweise auf Kickback-Zahlungen an die ÖVP oder systematische politische Einflussnahme gegeben habe.

Kai Jan Krainer (SPÖ) sah hingegen die nach dem Ibiza-Untersuchungsausschuss gestellte Frage, ob es sich um Einzelfälle oder aber um systematische Korruption durch ÖVP-Regierungsmitglieder und verbundene Personen handle, klar beantwortet: "Ja, es sagen vier Fraktionen, die ÖVP hat ein Korruptionsproblem, nur die ÖVP sagt, sie hat kein Korruptionsproblem." Der Volkspartei sei es im Ausschuss "von Anfang an nicht um Kooperation, sondern um Destruktion" gegangen. Allen anderen Fraktionen sei es ein Anliegen, dass Steuergeld nicht für ÖVP-Parteienzwecke ausgegeben werde, dass auch die ÖVP und Milliardäre Steuern zahlten und dass die Besten in Führungspositionen kämen und nicht jene, die der ÖVP am nächsten stünden.

Grüne in selbst gewählter Geiselhaft

Christian Hafenecker (FPÖ) sprach vom erschütterndsten U-Ausschuss der Zweiten Republik. Die ÖVP habe sich einen "tiefen Staat" gezimmert und über das Innen-, Außen- und Finanzministerium Steuergelder für einen parteiinternen Machtkampf verwendet. Die Freiheitlichen hätten die Untersuchungen gerne noch weitergeführt, was die Neos aber verhindert hätten. Wie auch die anderen Fraktionen sprach er sich dafür aus, künftig U-Ausschuss-Sitzungen live zu übertragen. Kritik übte er am "parteilichen Vorsitz" Sobotkas.

Stephanie Krisper (Neos) nahm sich ebenso wie Krainer auch die Grünen vor, die zwar engagierte Ausschussarbeit geleistet hätten, sich als Koalitionspartner der ÖVP aber in deren Geiselhaft befänden. Österreich habe unter Ex-Kanzler Sebastian Kurz ein "Best-of" an Korruption erlebt, meinte sie: "Die türkise Familie hat sich in nie da gewesener Dreistigkeit an der Republik bedient." Doch auch jetzt gebe es noch Machtmissbrauch, Bereicherung, Postenschiebereien und das An-die-Leine-Nehmen von Medien.

Tomaselli spricht von "Vertrauensrückholaktion"

Von einer "großen Täuschung" unter Kurz sprach auch Nina Tomaselli (Grüne). Bis heute sei man damit beschäftigt, diesen Scherbenhaufen zusammenzuräumen. Es sei ihr bewusst, dass es der ÖVP unangenehm sei, im Zentrum der Aufmerksamkeit eines U-Ausschusses zu stehen, doch das Erfüllen dieser Kontrollaufgabe sei der Job der Parlamentarier, sagte sie in Richtung des Koalitionspartners. "Wir haben als Grüne versucht, diesen Untersuchungsausschuss als Vertrauensrückholaktion anzulegen", betonte sie.

Der Debatte wohnten auch die beiden U-Ausschuss-Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl und Christa Edwards bei. Mit der Beendigung des Verfahrens bietet sich nun die Möglichkeit, einen neuen U-Ausschuss mit Minderheitenrecht einzusetzen. Aktuell bahnt sich hier aber keine gemeinsame Vorgangsweise der Opposition an.

Vor dem U-Ausschuss war Donnerstagvormittag im Nationalrat die Krise im Gesundheitssystem das Thema. Die Opposition – allen voran die SPÖ, die das Thema aufs Tapet gebracht hatte – hielt der Regierung vor, nichts gegen den massiven Personalmangel in den Spitälern und der Pflege sowie den (Fach-)Ärztemangel zu tun. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) verwies auf gesetzte Maßnahmen und die laufenden Finanzausgleichsverhandlungen. (APA, 27.4.2023)