Die Personalnot in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ist schon jetzt groß, der Bedarf an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird weiter steigen. Mit unterschiedlichen Maßnahmen wurden die Rahmenbedingungen für den Einstieg in den Pflegeberuf verbessert, außerdem werden neue Ausbildungswege kommen.

Bezahlung ab dem ersten Tag der Ausbildung

Auch die Leistung während der Ausbildung wird nun anerkannt.
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Der Name ist sperrig, inhaltlich wurde mit dem Pflegeausbildungs-Zweckzuschussgesetz aber eine langjährige Forderung der Pflegebranche umgesetzt. Seit diesem Jahr gibt es für die Ausbildung in einem Pflegeberuf monatlich mindestens 600 Euro, zwölfmal im Jahr. Unterstützt werden Ausbildungen zur Pflegeassistenz, Pflegefachassistenz und gehobener Gesundheits- und Krankenpflege während der gesamten Ausbildungszeit. Auch an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen für Pflege erhalten Schülerinnen und Schüler für die Zeiten der Pflichtpraktika 600 Euro pro Monat.

Im Burgenland wurde dieses Angebot ergänzt. Schüler und Studierende, die eine Ausbildung in einem Pflegeberuf absolvieren, können ab dem ersten Tag der Ausbildung bei einem der Krankenhäuser der Krages (Gesundheit Burgenland), am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder oder an einem Alten- und Pflegewohnheim angestellt werden. Dafür erhalten sie 14-mal jährlich 600 Euro brutto zusätzlich und sind sozialversichert. Welche Pflegeausbildung gewählt werde, spiele keine Rolle, sagt Leo Szemeliker, Sprecher der Gesundheit Burgenland. Einzige Bedingung: Sie müssen nach der Ausbildung in einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung im Burgenland arbeiten. Von einem Pflegenotstand könne im Burgenland noch nicht gesprochen werden, ergänzt er. "Wir müssen aber vorbauen."

Die Salzburger Gemeinde Kuchl geht noch einen Schritt weiter. Um die Betreuung in ihrem "Haus der Senioren" sicherzustellen, zahlt die Gemeinde ein volles Gehalt (2300 Euro brutto) während der Ausbildung. Man habe mit zwei, drei Bewerbungen gerechnet, sagt Pflegeleiter András Weidensee. Geworden sind es knapp 20, drei davon wurden bereits angestellt, eine weitere auszubildende Pflegekraft wird noch vor dem Sommer kommen. Interessierte wurden an wohnortnahe Pflegeeinrichtungen verwiesen. "In der Gemeinde Grödig gibt es beispielsweise ähnliche Rahmenbedingungen", sagt Weidensee.

Die Pflegelehre wird im Herbst kommen

Auch in der Pflegelehre soll die Arbeit am Patienten erst mit 17 Jahren möglich sein.
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Die Kritik war bis zum Schluss groß, aber am Mittwoch wurde die Pflegelehre als Teil der Pflegereform beschlossen. Damit gibt es ab Herbst eine duale Ausbildung zur Pflegeassistenz (drei Jahre) bzw. Pflegefachassistenz (vier Jahre) zu machen. Damit wurde eine Ausbildungslücke im Bereich der Pflege geschlossen. Denn wer bisher beruflich in der Pflege Fuß fassen wollte, konnte dies für den gehobenen Dienst nach einem dementsprechenden Fachhochschulstudium oder für den Pflege(fach)assistenzberuf nach einer Ausbildung an den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen tun. Für die Pflegeschulen ist aber ein Mindestalter von 17 Jahren Voraussetzung. Zwar ist auch bei der Lehre für Tätigkeiten am Patienten diese Altersbeschränkung vorgesehen, dennoch kann mit der Ausbildung direkt nach der Schulpflicht gestartet werden. Die späte berufliche Praxis während der Ausbildung wird von den Gegnern kritisiert. "Lehrlinge können in den ersten Lehrjahren bestenfalls als patientenferne Hilfskräfte eingesetzt werden. Das widerspricht dem Sinn einer dualen Ausbildung und fördert keineswegs die Attraktivität des Pflege berufs", heißt es beispielsweise vom österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband. Besser wäre es, den Schulversuch zur Pflegeausbildung an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen weiter auszubauen. Derzeit wird diese Ausbildungsschiene an neun Standorten mit Maturaabschluss und an sieben Standorten als mittlerer Schulabschluss erprobt.

Die Pflegelehre soll als Pilotversuch schrittweise loslegen. Im ersten Jahr werden nur drei Berufsschulklassen starten – in Nieder- und Oberösterreich, Tirol sowie in Vorarlberg. Nach spätestens sieben Jahren soll extern evaluiert werden. Als Vorbild für diesen Ausbildungsweg dient die Schweiz. Dort wurde die Pflegelehre bereits mit der Gesundheitsreform 2004 eingeführt. Mittlerweile gehört die Lehre zum Gesundheitsfachmann oder -frau zu den drei beliebtesten Lehr berufen im Land.

Pflegekräfte aus dem Ausland sollen den Mangel lindern

Die Anerkennung der Qualifikation ist nach wie vor eine große Hürde
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Bis 2030 fehlen bis zu 75.000 Pflegekräfte – ein Bedarf, der ohne Zuzug nicht zu decken ist. Damit qualifiziertes Personal aus Drittstaaten schneller im Pflegeberuf Fuß fassen kann, traten im Vorjahr Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte in Kraft. Die Hürde der Berufsanerkennung bleibt. Neu ist, dass Personen, die für die vollständige Nostrifizierung noch Ergänzungskurse absolvieren müssen, bereits während des Nachholens dieser Qualifikationen im niederschwelligen Pflegebereich arbeiten dürfen. Bisher mussten sämtliche Auflagen vorab erfüllt sein.

Da die Gesundheits- und Pflegeberufe in Österreich zu den reglementierten Berufen mit genau definierten Bildungsvorgaben gehören, müssen Fachkräfte aus dem Ausland ihr Wissen erst nostrifizieren lassen. Das Anerkennungsverfahren an sich darf laut Gesetz maximal vier Monate dauern. In den meisten Fällen müssen aber noch Ergänzungen nachgeholt werden. Und das kann dauern, da nicht immer sofort das passende Angebot verfügbar ist.

Trägerorganisationen der Pflegeeinrichtungen sehen bei der Anerkennung noch Verbesserungspotenzial. Denn welche Auflagen erfüllt werden müssen, entscheidet die jeweilige vergleichbare Ausbildungsstätte in Österreich. Für diplomierte Ausbildungen sind die Fachhochschulen zuständig, für die Pflegefachassistenz sowie die Pflegeassistenz die Länder und die dort ansässigen Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege. "Die Lage ist höchst unübersichtlich, Informationen sind nicht gut zugänglich, bürokratische Hürden und hohe Kosten sind erhebliche Belastungen, viele empfinden das Verfahren als wahren Spießrutenlauf", fasst Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerks Österreich, die Schwierigkeiten zusammen. Aus ihrer Sicht wären ein One-Stop-Shop-Prinzip, berechenbare Standards, flexible Kursangebote und die Übernahme der Kosten wünschenswert.

Pflegestipendium soll Lebenshaltungskosten von Umsteigern decken

In ihrem neuen Beruf ist Nataliia Lytvynets glücklich.
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Schon als Kind wollte die heute 54-jährige Nataliia Lytvynets Krankenpflegerin werden. Ihre Ausbildung führte sie dann aber in eine andere Richtung. Sie studierte Mathematik und Wirtschaft in der Ukraine. Vor gut zehn Jahren ist sie gemeinsam mit ihrem Mann nach Österreich gekommen. Die Anerkennung ihres Mathematik- und Wirtschaftsabschlusses, den sie in Kiew erworben hatte, wäre in Österreich sehr langwierig gewesen, meint sie. Daher hat sie sich über andere berufliche Möglichkeiten informiert und ist so in der Pflege gelandet. "Es ist zwar ein anstrengender Beruf, aber gleichzeitig bekomme ich viel zurück", sagt sie. Ein erfolgreiches Beispiel für den Quereinstieg.

Denn um den Fachkräftemangel abzufedern, wird verstärkt auch nach umstiegswilligen Personen gesucht. Die Suche nach Sinn und Erfüllung im Job ist dabei bei vielen die Hauptmotivation. Seit Jahresbeginn wird die Ausbildung von Berufsumsteigern mit einem Pflegestipendium unterstützt. Mindestens 1400 Euro monatlich werden über das Arbeitsmarktservice (AMS) zur Deckung der Lebenshaltungskosten bezahlt. Berechtigt sind Menschen ab 20 Jahren, die Anspruch auf Arbeitslosengeld haben oder deren Schul- oder Studienabbruch oder AHS-Matura mindestens zwei Jahre zurückliegt. Sowohl Arbeitssuchende als auch Karenzierte sind anspruchsberechtigt. Auch für die Ausbildung in einem der Sozialbetreuungsberufe wie Alten-, Behinderten- oder Familienarbeit kann diese Unterstützung bezogen werden. Die Genehmigung erfolgt durch das AMS vor Beginn der Ausbildung.

Im März wurde das Pflegestipendium an insgesamt knapp 2700 Personen ausbezahlt, darunter 2100 Frauen – die meisten (807) davon im einjährigen Ausbildungszweig zur Pflegeassistenz. Mit dem Pflegestipendium werden auch Personen unterstützt, die bereits eine abgeschlossene Erstausbildung haben. Die Branche spielt dabei keine Rolle. Auch ein Upgrade von der Pflegeassistenz zur -fachassistenz sei damit möglich, heißt es seitens des AMS.

Roboter unterstützen das Pflegepersonal

Roboter Lio bei der Arbeit
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Vom Sortieren der Medikamente für die Patientinnen und Patienten über die Hilfe von Roboterarmen, die beim Umbetten unterstützen, bis hin zur elektronischen Pflegedokumentation – auch in den Kranken- und betreuten Wohnhäusern kommen immer öfter technische Lösungen zum Einsatz. Bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen handle es sich um eine Entwicklung, die Abläufe im Gesundheitswesen ganz breit und an den verschiedensten Stellen dieses komplexen Systems verändere, sagt Reinhard Riedl, Dozent an der Berner Fachhochschule. "Man muss die Vorteile für die Patienten und das Gesundheitspersonal aufzeigen. Tatsächlich ergänzen zum Beispiel Gesundheits-Apps die konventionelle Versorgung. Das führt zur ,Selbstermächtigung‘ der Patienten. Technisch am nächsten ist doch den meisten von uns das Handy", ergänzt er. In Deutschland können Ärztinnen und Ärzte zertifizierte Gesundheits-Apps mit bewiesenem Nutzen (z. B. bei orthopädischen Problemen, bei psychiatrischen Erkrankungen etc.) bereits auf Kassenrezept verschreiben. In Österreich gibt es dafür noch kein System.

Wenig Freude haben Patienten hierzulande mit Pflegerobotern. Solche Maschinen werden laut dem "Austrian Health Report 2022" vom Meinungsforschungsinstitut Ifes im Auftrag vom Pharmakonzern Sandoz als Pflegekräfte mehrheitlich (zu 57 Prozent) abgelehnt. Dabei seien sie bei Forschungsprojekten in Pflegeheimen überraschend positiv aufgenommen worden, heißt es etwa von der FH Vorarlberg, die bereits umfangreiche Forschungsprojekte im Bereich Robotic Care durchgeführt hat. Zuletzt mit dem Pflegeroboter Lio – derzeit werde der Einsatz gerade evaluiert. Aber diese Maschinen können Witze erzählen, Getränke und Speisen servieren oder Ansprechpartner sein, durch ihre Ausstattung mit Mikrofonen, Kameras und diversen Sensoren können sie gleichzeitig Daten über den Gesundheitszustand des Patienten liefern. Das kann für ein selbst bestimmtes Leben im Alter eine wichtige Unterstützung sein. (Gudrun Ostermann, 1.5.2023)