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Der gelbe Mutter-Kind-Pass soll zu einem digitalen Eltern-Kind-Pass werden. Nun haben Frauen- und Elternvereine sowie Hebammenverbände Kritik an dem Ministerialentwurf geäußert.

Der neue Eltern-Kind-Pass ist Anfang April in Begutachtung gegangen. Der Beschluss des Eltern-Kind-Pass-Gesetzes im Nationalrat ist im Juni geplant. Die Honorare für die Ärzte und Ärztinnen werden erhöht und die Leistungen für Schwangere und Kinder ausgebaut. Der Mutter-Kind-Pass ist seit 1974 ein wichtiges Vorsorgeinstrument für Schwangere, Babys und Kleinkinder. Bis 2026 soll aus dem gelben Büchlein ein elektronischer Eltern-Kind-Pass werden.

Die Kritik von unterschiedlichen Vereinen betrifft vor allem den Datenschutz. Das Eltern-Kind-Zentrum Graz fordert in einem offenen Brief vom 25. April auch eine erweiterte Hebammenbegleitung ab Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Wochenbettes. Diese Zeit sei "psychisch, emotional und sozial" belastend und erfordere mehr Begleitung.

Das Eltern-Kind-Zentrum sorgt sich außerdem um Daten von vorangehenden Schwangerschaften, die nicht ausgetragen wurden, entweder wegen einer Fehlgeburt oder eines Schwangerschaftsabbruchs. Somit stelle sich die Frage, ob Informationen über vorangehende Schwangerschaften automatisch auch an den zweiten Elternteil weitergehen. Damit würden heikle Daten wie die über eine Abtreibung ohne Einwilligung der Schwangeren weitergegeben. Der Verein wirft auch Fragen nach einer Einsicht der Daten durch getrennt lebende Väter oder Väter, die gewalttätig sind, auf. Der Verein fürchtet, dass die Einsicht in die EKP-Daten das "Selbstbestimmungsrecht von Frauen" bedrohen würde.

Frauenpolitischer Meilenstein

Auch das Netzwerk österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen äußert dahingehend Befürchtung. Bei gewalttätigen Partnern brauche es die Möglichkeit, diese vom Zugang zu den Daten im Eltern-Kind-Pass auszuschließen. Das Netzwerk kritisiert zudem, dass die Daten 30 Jahre aufbewahrt werden sollen. Das Österreichische Hebammengremium hat in seiner Stellungnahme ebenso die Aufbewahrungsdauer der Daten kritisiert sowie den Umstand, dass der zweite Elternteil Zugriff auch "auf einen großen Teil der Daten der Schwangeren" habe.

Auch der Österreichische Frauenring übt massive Kritik an den Plänen des Sozialministeriums. Mit der Umwandlung des Mutter-Kind-Passes in den Eltern-Kind-Pass gehe eine "De-facto-Abschaffung eines frauenpolitischen Meilensteines" einher. Frauen würden als Mütter unsichtbar gemacht werden, schreibt der Frauenring in seiner Stellungnahme an das Sozialministerium. "Es darf weder ein Eltern-Kind-Pass noch eine elektronische Anwendung in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft angelegt werden, um zu garantieren, dass keine Schwangerschaft frühzeitig registriert wird, bevor der straffreie Zeitraum der Fristenlösung beendet ist", fordert Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings.

Kritik an "schwangerer Person"

In einer ersten Reaktion des Sozialministers Johannes Rauch (Grüne) auf Twitter entgegnet dieser, "vor der Geburt hat natürlich nur die schwangere Person Zugriff auf die Daten." Zur Kritik, andere Obsorgeberechtigte könnten Einsicht in diese Daten haben, schreibt der Minister, dass es während der Schwangerschaft keine gesetzliche Vertreter:in des Kindes gibt. Auch nach der Geburt habe "niemand – auch nicht der 2. Elternteil" Einsicht in die Untersuchungsergebnisse der schwangeren Person, außer wenn sie sie selbst herzeigt.

Viele teils heftige Reaktionen auf den inzwischen gelöschten Tweet des Ministers bezogen sich inhaltlich nicht auf die geäußerten Befürchtungen und die Kritik der Vereine, sondern auf die Formulierung "schwangere Person", womit auch Transmänner und intergeschlechtliche Personen angesprochen werden sollen. Letztere definieren sich weder als Mann noch als Frau – oder ihnen konnte bei ihrer Geburt nicht klar ein männliches oder weibliches Geschlecht zugewiesen werden. Transmänner, denen bei ihrer Geburt das weibliche Geschlecht zugewiesen wurde, die mit dieser Genderidentität aber nicht leben können, haben einen Uterus – und können somit schwanger werden.

Zahlreiche Tweets warfen dem Minister vor, nicht mehr "Mütter" sagen zu wollen – und dass er somit Frauen zum Verschwinden brächte. Auch Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger meldete sich zu der Formulierung empört zu Wort. "Als Frau und Feministin würd ich wirklich gerne auch weiter Frau sein dürfen." (beaha, 2.5.2023)