Minister Rauch und Vizekanzler Kogler sollten intensiv darüber nachdenken, wie sie ihr politisches Gewicht dort nutzen können, wo sie Einfluss haben.

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Den Grünen reicht es mit den Preissprüngen bei Butter, Nudeln, Milch und Co, jetzt gehen sie in die Offensive. Sozialminister Johannes Rauch lädt gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler die Vertreter der Supermarktketten, der Landwirtschaft sowie Expertinnen und Experten zu einem großen Teuerungsgipfel für den 8. Mai ein. Die Botschaft hinter der Aktion ist klar: Die Politik schaut euch auf die Finger, die großen Lebensmittelhändler sollen politisch unter Druck gesetzt werden, ihre Preise wenn schon nicht zu senken, so zumindest nicht weiter im gleichen Tempo wie bisher zu erhöhen.

Das Ansinnen des kleinen Koalitionspartners ist im Prinzip verständlich. Doch die Grünen müssen sich den Vorwurf der Scheinheiligkeit gefallen lassen. Sie fordern von den Supermarktketten Zurückhaltung, haben aber ihre eigenen politischen Möglichkeiten nicht genutzt, um angesichts der stark gestiegenen Lebensmittelpreise Abhilfe zu schaffen.

Diese politischen Fehler lassen sich auf mehreren Ebenen festmachen. Die Preisanstiege bei Nahrungsmitteln sind zuletzt massiv gewesen. Brot hat sich um 15 Prozent verteuert, Käse um 20 Prozent, Gemüse um 18 Prozent. Die gute Nachricht lautet: Viele Menschen werden sich das Essen weiter relativ problemlos leisten können. Aber für einkommensschwache Haushalte ist das anders.

Nun haben die Grünen zwar durchgesetzt, dass Sozialleistungen künftig ab 2023 mit der Inflation steigen. Aber für eine große Gruppe, die zuletzt rund 130.000 Notstandshilfebezieher, gab es über Einmalzahlungen hinaus keine zusätzliche Unterstützung – trotz der Rekordinflation. Dabei wäre genau das wichtig gewesen: Notstandshilfebezieher bekommen wie Arbeitslose einen Teil ihres früheren Einkommens vom AMS ausbezahlt. Da die Notstandshilfe aber nur bekommt, wer schon sehr lange nicht arbeitet, profitierten diese Menschen nicht davon, dass in den vergangenen Monaten die Einkommen vieler Menschen stark gestiegen sind. Die Grünen konnten nicht genug Druck auf den Koalitionspartner aufbauen, hier mehr zu tun.

Grünes Abnicken

Ebenfalls bitter: Gleichzeitig hat die Regierung einen neuen Energiekostenzuschuss für Unternehmen auf den Weg gebracht, der nach aktuellen Rechnungen mehr als vier Milliarden Euro kosten dürfte. Die Koalition hat diesen Topf nicht nur für Industriebetriebe geschaffen, sondern ihn extra auf Druck der Händlerverbände weit geöffnet: Unter anderem können auch Supermarktketten, die gute Geschäfte machen, für 2023 bis zu zwei Millionen Euro beantragen, um gestiegene Strom- und Gas kosten ersetzt zu erhalten vom Staat. Während es in einer Marktwirtschaft absolut rational und logisch ist, dass Unternehmen ihre Preise raufsetzen wenn sie können, gibt es keinen Grund für den Staat, hier auch noch Zuschüsse zu zahlen. So bezahlen wir doppelt.

Die ÖVP wollte das so, die Grünen nickten es ab. Sie haben nicht einmal ein neue Unterstützungsleistung für Ärmere im Gegenzug rausverhandelt. Das war ein politisches Versäumnis. Rauch und Kogler können gern mit Supermarkvertretern reden. Aber danach sollen sie intensiv darüber nachdenken, wie sie ihr politisches Gewicht dort nutzen können, wo sie Einfluss haben: in der Koalition. (András Szigetvari, 2.5.2023)