Spannungen gibt es zwischen den USA und der EU in den Verhandlungen um Privacy Shield 2.0.

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Jahrzehntelang hat Brüssel Washington für den leichtfertigen Umgang mit den persönlichen Daten der Europäer kritisiert. Jetzt drehen die Vereinigten Staaten den Spieß um und kritisieren ihrerseits die Spionagepraktiken der EU-Länder.

Im Rahmen der abschließenden Verhandlungen über das transatlantische Datenabkommen namens Privacy Shield 2.0 zwischen der EU und den USA stellt das US-Justizministerium zunehmend unangenehme Fragen zu den Überwachungspraktiken der EU-Mitgliedstaaten, berichtet "Politico".

So wollen die USA wissen, ob Länder wie Ungarn, Polen und Frankreich ausreichende Rechtsmittel zur Verfügung stellen, damit sich Nicht-EU-Bürger gegen die Datensammelwut der nationalen Sicherheitsbehörden wehren können. Außerdem fordern die Vereinigten Staaten Informationen darüber, wer die Spione im Auftrag der europäischen Staaten kontrolliert und ob es rechtliche Grenzen der Datensammelei gibt. Derartige Kontrollen sind in der Endphase der Verhandlungen zwischen der EU und den USA vorgesehen. Sie stellen gleichzeitig eine Voraussetzung für US-Justizminister Merrick Garland, den eigenen Rechtsbehelfsmechanismus fertig zu stellen.

Bürgerinnen und Bürger können US-Behörden klagen

Dieses System gibt den europäischen Bürgerinnen und Bürgern Zugang zu einem neu geschaffenen Verfahren, in dem sie Klage gegen amerikanische nationale Sicherheitsbehörden erheben können, wenn ihre Datenschutzrechte nicht gewahrt wurden. Die Einführung dieses Mechanismus in den USA ist die letzte Hürde, bevor Brüssel die Datenschutzstandards in Washington als ausreichend und gleichwertig mit jenen der EU einstuft.

US-Beamte seien aber schon länger frustriert darüber, dass nur die US-Seite für Datenspionage kritisiert wird, sagte Alex Joel, Professor an der American University in Washington und ehemaliger leitender Beamter im Büro des Direktors der nationalen Geheimdienste.

Ein politisches Manöver

Doch nun kritisieren die USA ihrerseits die Union und verlangen Auskunft über Spionagepraktiken einzelner Länder. Dabei dürfte es sich aber eher um ein politisches Manöver handeln, in denen die USA den Europäern den Spiegel vorhalten. Denn die Verhandlungen führt die EU-Kommission, Datenüberwachung von Sicherheitsbehörden fallen aber unter die Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedsländer. Eine ernsthafte Gefährdung der Verhandlungen über das transatlantische Abkommen zum Datenaustausch Privacy Shield 2.0 stelle die Kritik der USA nicht dar, so "Politico". Der Pakt wird voraussichtlich im Sommer 2023 unterzeichnet.

Neben den bereits erwähnten Rechtsmitteln wird der Pakt es Unternehmen ermöglichen Daten zwischen beiden Regionen fast ungehindert zu übertragen. Den US-amerikanischen Tech-Konzernen wird das Geschäft deutlich erleichtert, wenn sie grenzenlos Daten zwischen der EU und den USA transferieren können. Die ursprüngliche Variante von Privacy Shield wurde vom Europäischen Gerichtshof gekippt, weil das Datenschutzniveau jenseits des Atlantiks nicht europäischen Standards entsprach. Das soll sich mit der Version 2.0 nun ändern. (red, 1.5.2023)