Ab Mai sollen Anästhesistinnen und Anästhesisten aus allen anderen Wigev-Kliniken in Favoriten einspringen.

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Einen Hilferuf gibt es von und für die Abteilung Anästhesie und operative Intensivmedizin der Wiener Klinik Favoriten, eines der acht Krankenhäuser des Wiener Gesundheitsverbunds (Wigev). Die Abteilung ist kaum noch in der Lage, ihren Dienstbetrieb zu gewährleisten: Es fehlt an Ärztinnen und Ärzten, von 36 Dienstposten sind 18 unbesetzt.

Ab Mai sollen daher Anästhesistinnen und Anästhesisten aus allen anderen Wigev-Kliniken in Favoriten einspringen; um diese Unterstützungsleistung hat der Gesundheitsverbund die Wiener Klinikleiter ersucht.

Die Vorstände der entsprechenden Anästhesie- und Intensivmedizinischen Abteilungen haben die Bitte inzwischen an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergetragen – viele von ihnen tun sich aber selbst schwer, ihre "Dienstradln" zu füllen. Deswegen haben manche Chefs der infrage kommenden Ärztinnen und Ärzte darauf hingewiesen, die Unterstützungsleistungen mögen nur zusätzlich zu ihren Diensten im Stammhaus erbracht werden.

Längere Arbeitszeiten

Leute, die sich neben ihrem eigenen Job zum Einspringen im früher als Kaiser-Franz-Josef-Spital bekannten Haus entscheiden und deswegen ihre wöchentliche Höchstarbeitszeit überschreiten, können die "Opt-out-Regelung" nützen, Freiwilligkeit vorausgesetzt. Dann dürfen sie statt maximal 48 Wochenstunden bis zu 55 Stunden pro Woche arbeiten. Diese Opt-out-Regelung hatte es vor Umsetzung der EU-Arbeitszeitregelungen für Ärzte gegeben und wurde von der Stadt Wien während der Corona-Pandemie wieder ermöglicht und stark genützt. Angesichts des massiven Fachkräftemangels im medizinischen Bereich kommt sie auch jetzt wieder verstärkt zur Anwendung.

Und wie kommt es nun zur Anästhesiekrise in der Klinik Favoriten, die im schlimmsten Fall zur Selbstauflösung der Abteilung führen könnte, wie es unter Wiener Krankenhausmedizinern heißt? Ein Sprecher des Gesundheitsverbunds erklärt die Entwicklung so: Der Primar der Abteilung sei in Pension gegangen, und in weiterer Folge seien einige dort tätige Fachärztinnen und Fachärzte in vorzeitigen Ruhestand gegangen. Mehrere Langzeitkrankenstände seien noch dazugekommen. Inzwischen sei die interimistische Leitung der Abteilung aber geklärt.

Man habe einige "Sofortmaßnahmen" gesetzt, die "Aushilfe" aus anderen Wigev-Kliniken zähle dazu. Es sei eben die "Stärke des Wiener Gesundheitsverbunds, dass sich die einzelnen Kliniken in Mangelsituationen gegenseitig unterstützen können", schreibt der Wigev-Sprecher in seiner Stellungnahme auf Anfrage des STANDARD. Zudem würden im Wigev in Ausbildung stehende Anästhesistinnen und Anästhesisten im Rahmen ihrer Fachausbildung der Klinik Favoriten zugeteilt – was die Anästhesieabteilungen der anderen Kliniken dazu sagen, wird nicht kolportiert.

Auslagerungen

Und: "Kleinere Teile der Leistungen" der Abteilung würden in andere Wigev-Kliniken ausgelagert, und bereits pensionierte Medizinerinnen und Mediziner sollen weiterbeschäftigt werden, heißt es in der Stellungnahme.

Mit der Auslagerung von Leistungen kennt man sich im Wigev jedenfalls schon aus. In der Radiologie der Klinik Ottakring etwa werden Ärztinnen und Ärzte eines privaten Röntgeninstituts eingesetzt. (Renate Graber, 2.5.2023)