Ab 8.00 Uhr klebten sich mehrere Klimaaktivistinnen an der Fahrbahn am Währinger Gürtel fest.

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Wien – Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation haben Dienstagfrüh wie angekündigt ihre dritte Aktionswelle in Wien gestartet. Ab 8.00 Uhr klebten sich mehrere Mitglieder am Währinger Gürtel an der Fahrbahn fest. Mehrere Forschende unterstützten den Protest, die Blockade sei "Sinnbild für den Stillstand in der Regierung bei der Klimapolitik", sagte der Wissenschafter Reinhard Steurer. Am Opernring verlangsamten auf der Fahrbahn marschierende Umweltschützer den Verkehr.

Insgesamt wurden laut der Polizei 15 Personen festgenommen. Acht auf dem Ring spazierende Klimaschützer klebten sich auf die Fahrbahn und wurden ins Polizeianhaltezentrum (PAZ) gebracht. Bei einer Aktion am äußeren Gürtel wurden insgesamt sieben Personen festgenommen und ebenfalls ins PAZ gebracht. Die Wissenschafter und Wissenschafterinnen verließen hingegen den Protest, bevor die Veranstaltung polizeilich aufgelöst wurde. Am späten Nachmittag wurden die Aktivistinnen und Aktivisten dann wieder aus der Haft entlassen. Für Mittwoch kündigte die Letzte Generation weitere Blockaden an.

Szenen von der Verkehrsblockade in Wien
DER STANDARD

Polizei warnt vor eigenmächtigem Vorgehen

Die üblichen Verzögerungen im Wiener Frühverkehr fielen durch die Proteste etwas größer aus. Der ÖAMTC berichtete von einem Stau von der Gentzgasse bis zum nördlichen Beginn des äußeren Gürtels. Am Ring stauten sich die Fahrzeuge vorübergehend von der Operngasse bis zum Stadtpark. "Öffentliche Verkehrsmittel und der Fahrradverkehr sollten von den Beeinträchtigungen nicht betroffen sein", twitterte die Polizei Wien. Einsatzkräfte trafen bei den nicht angemeldeten Protestaktionen ein, die Blockade am Gürtel war kurz vor 9.00 Uhr beendet, nachdem die Polizei die Aktivistinnen und Aktivisten von der Fahrbahn gelöst hatte.

"Auch spontane, nicht angezeigte Versammlungen genießen den Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit", betonte die Landespolizeidirektion (LPD) Wien auf Twitter. "Liegen Gründe zur Auflösung vor, wird diese durch einen Vertreter der LPD Wien angeordnet. Dies wird jedoch immer im Einzelfall geprüft und kann nicht pauschal oder 'im Voraus' für ähnlich gelagerte Versammlungen erfolgen." Die Polizei warnte davor, eigenmächtig gegen die Aktivisten vorzugehen und sich "unter Umständen selbst straf- oder verwaltungsrechtlich strafbar" zu machen.

Mit Polizeiaufgebot über den Ring

Ganz gemütlich spazierten die Klimaaktivistinnen und Klimaaktivsten, begleitet von einem Polizeiaufgebot, Dienstagmorgen über den Ring. Ganz vorne trug die Aktivistin Lena ein Transparent der Letzten Generation. Mit dem Spaziergang als Protestaktion wollten "mal was anderes probieren, ein bisschen Abwechslung in die Sache bringen", sagt ihre Kollegin am anderen Ende des Banners. Darauf war zu lesen: "Und wenn die Regierung keinen Plan hat?"

Auf einem Banner, das die Aktivistinnen hochhielten, stand: "Und wenn die Regierung keinen Plan hat?"
Foto: APA/EXPA/MAX SLOVENCIK

Zwei "gute Gründe" habe Lena, sich hier für den Umweltschutz einzusetzen, sagt sie: ihre beiden Töchter, die sieben und elf Jahre alt seien und sich "nicht auf Straße setzen können". Für sie wünscht sich die 37-jährige Krankenpflegerin, die sich am Dienstag Urlaub nahm, um zu demonstrieren, eine "sichere Zukunft". Sie appelliere an alle Österreicherinnen und Österreicher, sich zu überlegen: "Was seid ihr euch wert? Denn unseren politischen Verantwortlichen sind wir nur das Kreuzerl am Stimmzettel wert."

Ganz gemütlich spazierten die Klimaaktivistinnen und Klimaaktivsten, begleitet von einem Polizeiaufgebot, Dienstagmorgen über den Ring.
Foto: Oona Kroisleitner

Politik und Gesellschaft "aufwecken"

"Keine neuen Bohrungen. 100 km/h sind genug", stand auf dem Transparent, das die Aktivistin Katharina trug. "Die klaren Adressaten sind die Bundespolitiker und das Parlament, nicht die Zivilbevölkerung, die wir vielleicht verärgern", sagt die 39-Jährige. Sie will die Politik und die Gesellschaft "aufwecken, endlich den Kopf aus dem Sand zu stecken". Es brauche endlich die "notwendigen Gesetze", um die Klimakrise aufzuhalten. Auch sie habe drei Kinder, "die eine lebenswerte Zukunft haben sollen", sagt sie. "Ohne Einschränkungen und in Freiheit."

Mit dem Marsch über den Ring "erreichen wir mehr Menschen", sagt Katharina. Sie seien damit auch "ein bisschen sicherer vor den grantigen Autofahrern", diese könnten nicht so schnell aus ihren Autos aussteigen. Bei diesen will Katharina sich auch entschuldigen, sie seien nicht das Ziel ihrer Aktion.

Seit Monaten blockiert die Gruppe in Österreichs Städten den Frühverkehr, um auf die Folgen der Klimakrise aufmerksam zu machen und Regierende zum Handeln zu bewegen. Unter anderem fordern sie ein Verbot neuer Öl- und Gasbohrungen sowie ein Tempolimit von 100 km/h auf den Autobahnen. (ook, red, APA, 2.5.2023)