Ein umfangreiches Paket zum Umweltschutz wurde vor knapp einem Jahr von der Kommission unter Ursula von der Leyen präsentiert.

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Brüssel – Europäische Christdemokraten könnten sich gegen Klima- und Umweltschutzgesetze ihrer Parteifreundin Ursula von der Leyen aussprechen. In einem Entwurf für ein Positionspapier, über das an diesem Freitag bei einem Parteitag in München abgestimmt werden soll, werden zwei wichtige Umweltgesetzesvorschläge der EU-Kommission abgelehnt. Aus der EU-Kommission kommt daher vehemente Kritik. "Das gesamte Positionspapier ist nichts anderes als unverantwortliche Panikmache", heißt es aus Kreisen der Behörde.

Die Kommission unter Ursula von der Leyen hatte vor knapp einem Jahr ein umfangreiches Paket zum Umweltschutz vorgestellt. Konkret sollen etwa der Verbrauch von Pestiziden bis 2030 halbiert und beschädigte Naturlandschaften wiederhergestellt werden. So sollen etwa trockengelegte Moore wieder vernässt und Wälder aufgeforstet werden.

Ernährungssicherheit

In dem Entwurf des Positionspapiers der Europäischen Volkspartei (EVP), zu der auch die ÖVP gehört, heißt es: "Wir lehnen den Vorschlag zur nachhaltigen Nutzung von Pestiziden ab, da die gewählten Reduktionsziele einfach nicht realisierbar sind." Begründet wird die Position auch damit, dass das Vorhaben die Lebensmittelsicherheit in Europa gefährde. Ebenso lehne man das vorgeschlagene Gesetz zur Wiederherstellung von Naturlandschaften ab.

Die EU-Kommission hat stets der These widersprochen, dass Vorgaben für weniger Unkrautvernichter und Schädlingsbekämpfer auf Feldern die Ernährungssicherheit gefährdeten. "Es ist durchaus möglich, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren, ohne die Ernteerträge oder die Qualität zu gefährden", hatte die EU-Kommission schon vergangenes Jahr betont. Es gebe zahlreiche Beispiele und Studien, die zeigten, dass Landwirte den Einsatz von Pestiziden reduzieren und Geld sparen könnten, ohne dass dies Auswirkungen auf Menge oder Qualität der Ernte habe.

Grüne kritisieren Positionspapier

Scharfe Kritik an dem Positionspapier kommt auch aus den Reihen der Grünen. Offensichtlich hätten sich Hardliner durchgesetzt, die Umweltschutz blockierten, um teils stark subventionierte Wirtschaftsmodelle künstlich am Leben zu halten, sagte die Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg. Sie bemängelte auch, dass in dem Positionspapier der Christdemokraten keine konkreten Lösungsvorschläge genannt würden. "Sie tun so, als wäre die Klimakrise ein Luxusproblem und der Kampf dagegen nerviger Bürokratiekram."

Hinter vorgehaltener Hand werden auch Mitarbeiter der Kommission deutlicher: "Diese Versuche, die Menschen glauben zu lassen, dass sie keine Nahrungsmittel mehr haben, wenn die EU die Natur wiederherstellt und Bienen und Schmetterlinge schützt, sind unglaublich zynisch." Pestizide seien zudem auch laut den Gesetzesvorschlägen weiterhin eine Option, wenn ein Landwirt am Ende keine alternativen Maßnahmen ergreifen könne.

Wiener: EVP blockiert notwendige Gesetzesinitiativen

Auch die Europäische Bürgerinitiative "Bienen und Bauern retten" verurteilte die Haltung der EVP. Damit würden die Konservativen "gegen drei Grundprinzipien einer verantwortungsvollen Europapolitik verstoßen. Sie würden die Umsetzung von EU-Recht torpedieren, einem breiten wissenschaftlichen Konsens widersprechen und die Zukunft unserer Lebensgrundlagen gefährden", heißt es in einer Aussendung.

Nach Ansicht der grünen EU-Abgeordneten Sarah Wiener blockiert die EVP "dringend notwendige Gesetzesinitiativen, um unser Ernährungssystem nachhaltiger zu gestalten". Die Forderung sei "verantwortungslos gegenüber den Bäuerinnen und Bauern", die Planungssicherheit bräuchten.

Bauernvertreter gegen Kommissionspläne

Die beiden ÖVP-EU-Abgeordneten Simone Schmiedtbauer und Alexander Bernhuber wiesen die Kritik zurück. "Wir bekennen uns zum Klima- und Umweltschutz", aber die Vorschläge der EU-Kommission seien "nicht machbar und kontraproduktiv", heißt es in einer Aussendung. Sie warnen vor einer "starken Abhängigkeit" von Nicht-EU-Staaten betreffend Lebensmittelsicherheit.

Doch nicht nur Christdemokraten sehen die Pläne der Kommission kritisch. Auch Bauernvertreter hatten sich oft gegen die Kommissionspläne ausgesprochen und darin Gefahren für die sichere Versorgung mit Lebensmitteln gesehen. (APA, red, 5.5.2023)