Ehret das Alter: Die Höchstaltersgrenzen in den Gremien der Erste Group werden nun als diskriminierend eingestuft und sollen fallen.

Foto: Reuters/Leonhard Föger

Das Alter soll in der Erste Group künftig keine Rolle mehr spielen – jedenfalls nicht jenes von Mitgliedern des Vorstands und Aufsichtsrats. Daher sollen Altersbeschränkungen im Führungs- und im Kontrollgremium der börsennotierten Bank abgeschafft werden. Aufsichtsrat und Vorstand haben einen entsprechenden Vorschlag für die Hauptversammlung (HV) eingebracht, die am Freitag stattfinden wird. Die Aktionärinnen und Aktionäre sollen beschließen, die Erste-Group-Satzung so zu ändern, dass die geltenden Altersbestimmungen wegfallen.

Derzeit ist vorgeschrieben, dass Vorstandsmitglieder zum Zeitpunkt ihrer Bestellung nicht älter als 65 Jahre sein dürfen. Und für Aufsichtsratsmitglieder gilt, verkürzt dargestellt, dass sie mit 75 ausscheiden müssen. Diese Bestimmungen sollen ersatzlos gestrichen werden. Die Begründung dafür: Die Altersgrenze für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder werde "international zunehmend zum Gegenstand von Kritik, da eine solche als diskriminierend empfunden" werde.

Es sei, so ist auf der Homepage zur HV nachzulesen, "unzweifelhaft", dass eine Altersgrenze willkürlich sei und dem "Gebot der Diversität der Organe" widerspreche. Der Gesellschaft entgingen durch den "rigiden Ausschluss von Personen ab einem gewissen Alter wertvolle Erfahrung und Wissen".

Cernko war knapp am Limit

Höchst relevant war die Altersgrenze bei der Vorstandsbestellung vorigen Juni. Nach dem unerwarteten Ausscheiden von Vorstandschef Bernd Spalt wurde Willibald Cernko Erste-Group-Chef – und das ging sich gerade aus. Cernko wurde kurz nach seiner Bestellung 66 Jahre alt. Sein Vertrag läuft bis 2024, gerüchtehalber ist zu hören, dass er auch länger bleiben könnte.

Dass das Kippen der Altersgrenzen auch mit etwaigen Zukunftsplänen des langjährigen Erste-Group-Chef Andreas Treichl zu tun haben könnte, wird von selbigem dementiert: Er strebe den Aufsichtsratsvorsitz nicht an, sagt Treichl, der Aufsichtsratsvorsitzender der Erste Stiftung ist. Sie ist größte Einzelaktionärin der Erste Group. Treichl wird im Juni 71. Aufsichtsratschef Friedrich Rödler wird im Juni 73 Jahre alt, er ist bis 2025 bestellt und soll dem Vernehmen nach auch so lange bleiben.

Bedingung der Aktionäre

Was auch immer die Zukunft des Instituts personell bringen mag: Ein gewichtiger Grund für die Änderungen sind die Wünsche der Proxy Advisors, also der Stimmrechtsvertreter großer institutioneller Investoren. Ihnen vertrauen Aktionäre wie Fonds, Hedgefonds, Versicherer oder Banken, die oft hunderte Beteiligungen halten, gern ihre Stimmen an. Solche Stimmerechtsberater und -vertreter spielen auch in der Erste Group, an der etwa der Hedgefonds Black Rock 4,78 Prozent der Anteile hält, eine bedeutende Rolle. Und: Sie kritisieren die in der Bank geltenden Altersgrenzen als international unüblich und erwarten sich deren Abschaffung.

Stichwort Diversität: Der Aufsichtsrat dürfte aufgestockt werden. Die Wirtschaftsprüferin und Vizerektorin der Linzer Johannes-Kepler-Universität, Christiane Tusek (47), soll ins Gremium gewählt werden. (Renate Graber, 6.5.2023)