Was oder wen wählen? Österreichs Jugend bekommt zu wenig Angebote von Parteien abseits der FPÖ.

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Haben Sie schon einmal versucht, einen Jugendlichen mit "Freundschaft!" zu grüßen? Tun Sie es nicht, Sie werden verwirrte Blicke ernten. Im Dreikampf um die SPÖ-Spitze wird trotzdem diese Tradition gepflegt. Kein Auftritt von Rendi-Wagner-Babler-Doskozil ohne abschließenden Gruß an die Vergangenheit. Auch die ÖVP fährt mit Autokanzler Karl Nehammer im politischen Rückwärtsgang und droht sich damit nachhaltig zu verbrennen. Es ist der Kampf um die verbliebenen Stimmen. Verständlich, aber wie lange geht das noch?

Von Nachwuchsarbeit ist bei den ehemaligen Großparteien bis auf ein paar eher peinliche Social-Media-Momente nichts zu spüren. Selbst die jüngeren Politikerinnen und Politiker wie etwa Staatssekretärin Claudia Plakolm unterscheiden sich in ihrem Auftreten und in ihren Botschaften kaum von den altgedienten Parteikollegen und -kolleginnen. Trainer des österreichischen Fußballnationalteams können ein Trauerlied davon singen, wohin das führt und wie nachhaltig Misserfolge sind, wenn die Verjüngung ausbleibt.

Auch die Grünen sind, wie die zu erwachsen gewordenen Neos, in einem Dilemma. Werner Kogler ist zwar ein guter Wahlkämpfer und gewiefter Taktiker, ob er jedoch der Richtige dafür ist, neue Stimmen von Jüngeren zu lukrieren, ist fraglich. Außerdem brechen den Grünen immer mehr Jugendliche in Richtung anderer Bewegungen wie Fridays for Future weg, denen die Klimapolitik der Regierungsökos zu langsam und zu kompromissbereit ist.

Offen für politische Angebote

Wie einfach es auf politischer Ebene in Österreich ist, junge Stimmen zu bekommen, zeigten zuletzt zwei Beispiele. In Salzburg der Kommunist Kay-Michael Dankl und bei der Bundespräsidentschaftswahl der Kandidat der Bierpartei, Dominik Wlazny. Beide konnten von allen Parteien Stimmen, selbst von der FPÖ, holen und punkteten vor allem bei den unter 30-Jährigen. Beide belegen, dass die Jugend offen für Alternativen ist und die vermeintliche Politikverdrossenheit durch mehr Angebot leicht aufgebrochen werden kann. Wenn man den Nachwuchs nur ernst nimmt. Doch ist es wirklich nötig, den Kommunismus oder Bierwitze zu bemühen?

Wahlforscher Christoph Hofinger hat vor kurzem gesagt, es sei alles für eine Linkspartei angerichtet. Ebenso sollte es funktionieren, wenn sich jemand – entweder von den etablierten Parteien oder von einer neuen Bewegung – gezielt um die Jungen kümmern würde, denen die alte Einteilung in links und rechts völlig egal ist. Klima, Mieten, neue Arbeitswelt, KI, psychische Belastungen in einer Welt voller Zukunftsängste – die Themen liegen auf der Straße bzw. in den Tiktok-Trends.

Blaue Versprechungen

Es gibt bei den Jungen jedenfalls ein größeres politisches Vakuum. Dieses sollte bei der kommenden Nationalratswahl nicht der FPÖ überlassen werden. Kickl und sein blaues Team sind seit Jahren auf Social Media führend. Sie schaffen es am ehesten, Jugendliche über die diversen Kanäle abseits der etablierten Medien zu erreichen. Verunsicherte Protest-Affine finden hier einfache Antworten auf eine komplexe Welt.

Lässt man die Nachwuchsarbeit schleifen, hätte es den Effekt, dass eine Rechts-außen-Regierung, wenn sie sich nicht selbst vernichtet, nicht nur für eine Legislaturperiode bliebe, sondern über viele Jahre einzementiert wäre. (Rainer Schüller, 7.5.2023)