Digitalstaatssekretär Florian Tursky.

Foto: APA / Eva Manhart

Digitalstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) hat Bilanz über sein erstes Jahr in der Regierung gezogen. Eine Kandidatur bei den Innsbrucker Bürgermeisterwahlen schließt er aus. Bei der Regulierung von künstlicher Intelligenz (KI) fordert er Tempo von der EU ein. Die Strategie beim Breitbandausbau in früheren Jahren kritisiert er und sieht sich "als Lobbyist für die Digitalisierung". Denn diese werde "über den Wohlstand bei uns entscheiden", sagte er der APA.

Er plane darum spätestens Anfang des kommenden Jahres einen Relaunch des Digitalen Amts in Österreich. "Es werden zwei Faktoren dabei entscheidend sein, ob das E-Government in den Köpfen der Menschen ankommt: Das ist Usability, und das ist Transparenz", sagte Tursky über seine Erkenntnis aus dem ersten Jahr im Staatssekretariat. Im Digitalen Amt könne man bereits jetzt nachsehen, wofür der eigene elektronische Identitätsnachweis (ID-Austria) benutzt worden sei. Bei der Nutzerfreundlichkeit des Digitalen Amts gebe es jedoch Verbesserungspotenzial. In Zukunft sollen alle Funktionen auf einem Portal zugänglich sein. "Mit wenigen Klicks krieg' ich meine Dokumente und nicht mit drei Absprüngen und Ähnlichem", sagte Tursky. Das E-Ausweis-Wallet solle zum täglichen Begleiter der Bürgerinnen und Bürger werden, sei es bei der Post, beim Club-Eingang oder der Führerscheinkontrolle.

Mehr digitale Amtswege

Aktuell verfügt Österreich laut Angaben des Staatssekretariats bereits über 200 digitale Amtswege. In Zukunft sollen es noch mehr werden, auch durch weitere digitale Ausweise, die flächendeckend geplant sind. "Den Zulassungsschein und den Identitäts- und Altersnachweis wollen wir noch dieses Jahr hineinbringen. Als Nächstes folgt der Studentenausweis und die E-Card."

Bis 2030 werden laut ihm im Zuge der zweiten Breitbandmilliarde 1,4 Milliarden Euro vom Bund in den Ausbau von Breitbandinternet investiert sowie sechs Milliarden von privatwirtschaftlicher Seite. In den Anfängen des Ausbaus, vor über 20 Jahren, habe es dabei jedoch keine klare Strategie gegeben, auch weil der Bund nicht das Heft des Handelns in die Hand genommen habe. So sei "ein Fleckerlteppich" entstanden. "Hätte man damals eine andere Strategie gewählt, hätten wir Geld gespart und würden uns heute leichter tun", so der Politiker. "Aber es ist immer leichter, das Buch von hinten aufzurollen." Wenngleich er auch betonte: "Es hat nicht immer geholfen, Dinge zu zentralisieren. Digitalisierung ermöglicht, darüber nachzudenken, gewisse Bereiche auf Bundesebene zu erledigen und andere auf Länder oder Gemeindeebene zu erledigen."

Digitale Grundkompetenz

Grundsätzliche Kritik, dass Digitalagenden in Österreich bisher zu stiefmütterlich angegangen worden sind, will Tursky nicht gelten lassen. "Das Problem war bei uns nur immer, die verschiedenen Behörden miteinander zu vernetzen. Und daraus resultiert auch die Frustration in der Bevölkerung, dass die Ämter nicht miteinander reden – teils auch aus Datenschutzgründen natürlich."

Bis 2025 will Tursky, dass 80 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher über digitale Grundkompetenzen verfügen. Der Weg dorthin soll über standardisierte Kompetenzrahmen erreicht werden. "Das ist ein neunstufiges Modell, wo man seine digitalen Fähigkeiten einordnet. Das kann man sich wie Sprachzertifikate mit unterschiedlichen Niveaus vorstellen. So ähnlich wird das gerade auf europäischer und nationaler Ebene implementiert", so Tursky. Geht es nach ihm, sollen dann Einrichtungen wie Volkshochschulen oder das Wifi Zertifikate vergeben. "Ziel ist es, dass in Zukunft bei Lebensläufen oder Jobbeschreibungen dieses digitale Kompetenzmodell angewandt wird."

Bei der Diskussion rund um die chinesische App Tiktok auf Beamten-Diensthandys verweist Tursky auf das Innenministerium. "Wenn Tiktok von der chinesischen KI-Behörde künftig auch ideologisch reguliert werden kann und man draufkommen würde, dass der Algorithmus auch kommunistisch ideologisch geprägt ist, wäre ich für ein generelles Verbot auf europäischer Ebene." Weltweit verbannen derzeit immer mehr Regierungen Tiktok von den Handys ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Ministerium prüfe derzeit die von der Video-App ausgehende Gefahrenlage auch in Österreich, hieß es auf APA-Anfrage. Er selbst habe die App jedenfalls weder auf seinem privaten noch auf seinem Diensthandy installiert, verriet Tursky.

KI-Regulierung

Es brauche zudem dringend noch heuer eine gesetzliche Regulierung für KI auf europäischer Ebene. Aktuell wird der sogenannte EU-AI-Act verhandelt. "Ich verstehe nicht, wieso das so lange dauert", so Tursky. Er werte es jedoch als positives Signal, dass die zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager sich Ende April zu einer politischen Einigung dazu noch heuer bekannte. Am Donnerstag vergangener Woche hatten die zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments einen Entwurf für die KI-Regulierung verabschiedet.

Tursky will noch im kommenden Jahr mit einer KI-Behörde in Österreich an den Start gehen. Sie soll die Einstufung verschiedener Algorithmen vornehmen. "Was ist ein Hochrisiko-Algorithmus? Was ist ein Niedrigrisiko-Algorithmus? Wie gefährlich ist diese KI?", so Tursky. Auch die entsprechende Genehmigung von Hochrisiko-KIs soll dann die Behörde übernehmen. Als weiteren Aufgabenbereich einer KI-Behörde sieht der Staatssekretär die Entwicklung möglicher KI-Gütesiegel. "Die Leute wollen wissen, wenn sie mit künstlicher Intelligenz konfrontiert sind und ob diese auch gewissen Grundkriterien entspricht."

Keine Bürgermeisterkandidatur

Das Staatssekretariat ziehe er jedenfalls einer Kandidatur bei den Innsbrucker Bürgermeisterwahlen im Frühjahr 2024 vor. "Ich habe für die nächsten 1,5 Jahre noch genug Freude und Energie. Deshalb denke ich nicht über anderes nach", sagte Tursky, der die Gerüchte über ein mögliches Antreten bei der Wahl bisher nicht kommentierte. In Turskys Heimat Tirol gab es zuletzt Spekulationen um eine mögliche Kandidatur des 34-jährigen früheren Sprechers und Büroleiters von Ex-Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP).

Mit einem Kommentar zu einer möglichen schwarz-blauen Regierungskoalition in Salzburg, das als Teil der ÖVP-Westachse gilt, will sich Tursky jedoch zurückhalten. Er sei immer gut damit gefahren, "Bundespolitik Bundespolitik sein zu lassen und Landespolitik Landespolitik". (APA, 8.5.2023)