Robert Habeck hat auf die " Trauzeugenaffäre" in seinem Haus in der ihm eigenen, sprachlich saloppen Art reagiert. "Da ist ein Fehler passiert. Da beißt die Maus keinen Faden ab", räumte der grüne Wirtschafts- und Klimaschutzminister ein, als bekannt wurde, dass sein Staatssekretär Patrick Graichen bei der Besetzung eines Spitzenpostens schwer gepatzt hat.

Graichen nämlich saß in jener Findungskommission, die die Spitze der bundeseigenen Deutschen Energieagentur (Dena) mit dem Verwaltungsexperten Michael Schäfer besetzen wollte. Aber irgendwie hatten alle übersehen oder vergessen, dass Schäfer mal Graichens Trauzeuge war. Das ist schon sehr erstaunlich.

Hat Habeck sein Ministerium im Griff?

Dass das Verfahren jetzt neu aufgerollt werden muss, ist richtig, aber ziemlich ärgerlich. Es kostet Zeit und Geld, nämlich jenes der Steuerzahler und Steuerzahlerinnen. Groß ist aber auch der Schaden für Habeck. Hat er sein Ministerium nicht im Griff? Sind seinen Leuten elementare Compliance-Regeln nicht bekannt?

Diese Fragen werden – zu Recht – gestellt. Sie gelten nämlich für alle Politiker und Politikerinnen in Regierungsverantwortung – und für die Grünen erst recht. Denn sie versuchen seit der Gründung ihrer Partei nicht nur mit Sachthemen zu punkten, sondern auch durch besonders hohe moralische Maßstäbe.

Übertriebene Empörung der Union

Wenn es in der Union nun heißt, in Habecks Ministerien herrschten "mafiöse Strukturen", dann ist das übertriebene Empörung der Opposition. Dass diese sich mit Wonne auf den grünen Filz stürzt, ist aber nachvollziehbar. Man kann und muss – auch ohne Bezug zur Mafia – erwarten, dass auch die Verflechtungen des Ministeriums mit dem Öko-Institut beleuchtet werden. Dort arbeiten ein Bruder Graichens und seine Schwester, die zudem mit Habecks Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner verheiratet ist.

Das allein ist nicht anrüchig, es ist auch seit 2021 bekannt. Aber Habeck muss sich gefallen lassen, dass nun sehr genau hingeschaut wird.

Habeck in der Zwickmühle

Der grüne Minister selbst steckt gewaltig in der Zwickmühle. Die Opposition fordert die Entlassung Graichens. Der ist aber Habecks wichtigster Mann für die Umsetzung der Energiewende, die ohnehin von vielen Bürgerinnen und Bürgern kritisch gesehen wird.

Habeck scheint an Graichen festhalten zu wollen. Wenn dem so ist, dann wird er aber um eine gründliche Aufarbeitung der "Trauzeugenaffäre" nicht herumkommen. Sonst macht er die Situation nur noch schlimmer. (Birgit Baumann, 8.5.2023)