Thomas Berlheim, Eigentümer der Mietmöbelfirma Föhr, lässt mich zunächst einen Blick in die Chronik des Traditionshauses werfen. In der steht: "1873 gründet der in Basel geborene Carl Oskar Föhr in Wien die Firma O. Föhr, Decorations- und Tapeziererbetrieb. Der Geschäftsumfang hat sich in den darauffolgenden Jahren derart vergrößert, dass 1888 eine Eintragung ins Handelsregister erfolgte. Den Bedarf an Mietmöbeln frühzeitig erkennend, baute Föhr seine Firma in diese Richtung konsequent aus. 1895 wurde dieser erweiterte Geschäftszweig unter der Bezeichnung Verschleiß von Wohnungseinrichtungen im Handelsregister eingetragen."

Thomas Berlheim, Eigentümer der Mietmöbelfirma Föhr, mit einem Klassiker des Verleihs: dem Goldsessel.
Foto: Regine Hendrich

Die Basis dieses "erweiterten Geschäftszweiges" bildeten die Goldsessel, die Berlheim auch heute noch im Programm hat und die damals von höfischen und adeligen Kreisen angemietet wurden. "Beispielsweise 1911 anlässlich der Vermählung des Erzherzogs Carl Franz Joseph, des späteren Kaisers Karl, mit der Prinzessin Zita von Bourbon-Parma." Ein Jahr danach wurde die Firma – wohl, weil man mit den Sesseln sehr zufrieden war! – zum königlich-preußischen Hoflieferanten ernannt und durfte diese Bezeichnung auch im Firmennamen führen.

Von Papst bis Breschnew

Oscar Föhrs Sohn Max führte das Unternehmen "erfolgreich durch die beiden Weltkriege" und machte es in dieser Zeit zur ersten Möbelverleihanstalt Österreichs – und somit auch den "Verleih zum ausschließlichen Geschäftszweig". Dann übernahm Tochter Paula, eine verehelichte Marischka, die Firma, die nach deren unerwartetem Tod in eine Krise schlitterte. Erst ab dem Jahr 1968 kam es zu einem abermaligen Aufschwung, der in den Verkauf der Firma 1977 an Karl-Heinz Dietrich mündete.

Auch das Fest in Schwarzau 1911 anlässlich der Vermählung von Erzherzog Carl Franz Joseph, des späteren Kaisers Karl, mit der Prinzessin Zita von Bourbon-Parma stattete Föhr aus.
Foto: Föhr

"1985", heißt es in der Chronik, "setzte er mit neun Mitarbeitern 5,5 Millionen Schilling um und besorgte die Auslieferung, die sich auf ganz Österreich erstreckte, bereits mit eigenen Transportfahrzeugen." Unter den "2000 erfassten Kunden" waren das Parlament, das Bundeskanzleramt, Ministerien, Magistrate, Parteien, Botschaften, Palais, Banken und Sparkassen sowie seit Anbeginn der Philharmoniker-Ball und der Techniker-Cercle im Musikverein oder der Opernball. Die Firma Föhr stattete damals auch die Eröffnung der Uno-City aus, den Besuch des Papstes oder das Treffen von Jimmy Carter mit Leonid Breschnew 1979 in Wien.

Ausgefalleneres

Berlheim selbst kam aus der Hotellerie und war jahrelang im Ausland tätig, bevor er das Unternehmen 2004 von Dietrich erwarb. "Der Andreas Vögel, ehemals Direktor des Hotels Imperial", erzählt er, "fragte mich, ob ich nicht eine Mietmöbelfirma kaufen wolle." Zunächst dachte auch er: "Aha, das werden wohl Möbel für temporäre Wohnungseinrichtungen sein." Er gehörte nämlich selbst zu den vielen, die sich nie überlegen, wo denn die vielen Sessel und Tische auf einem Ball, die Stehtische auf Firmenfeiern oder die Loungemöbel bei sogenannten Events herkommen, wenn man es sich darauf gemütlich macht.

Anfang der 2000er-Jahre, erzählt er, nahm die Idee des Events so richtig Fahrt auf, beinahe jede Firma veranstaltete einen, und auch die Zahl der einschlägigen Locations nahm stetig zu. Dabei werden die Mietmöbelanbieter von den Wünschen und Erwartungen der Kunden getrieben, viele wollen stets "etwas anderes, Besonderes, Schickeres, Ausgefalleneres in immer noch größeren Stückzahlen". Er selbst greift auf einen Fundus zurück, der in seinem 2500 Quadratmeter großen Hochregallager im elften Bezirk steht. Dazu kommen weitere zehn Großcontainer an diversen Standorten. "Das Lager wächst und wächst", sagt er, nicht zuletzt durch Neuzukäufe bei Produzenten im In- und Ausland.

700 Goldsessel

Föhr bietet aber auch Traditionelles, das nach wie vor stark nachgefragt werde und so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal seiner Firma geworden sei. Zuallererst der Goldsessel, von dem sie noch circa 700 Stück haben. "Die sind von der Erhaltung sehr aufwendig, aber bei gewissen Bällen und kleineren Veranstaltungen, wo man Möbel mit Geschichte noch zu schätzen weiß, sehr gefragt." Allerdings merke man an den Abmessungen des Sessels, dass sowohl Mensch als auch Sitzgelegenheit vor 100 Jahren noch deutlich kleiner waren.

Anfang der 2000er-Jahre nahm die Idee des Events so richtig Fahrt auf. Das sieht man noch heute am 2500 Quadratmeter großen Hochregallager im elften Bezirk.
Foto: Regine Hendrich

Weiters hat die Firma hunderte originale Thonet-Stühle im Angebot, "die heute praktisch unbezahlbar sind", Heurigengarnituren und Holzklappstühle aus den 1930er-Jahren oder alte Wirtshausstühle, die – frisch restauriert – bunt zusammengewürfelt an die Tafel gestellt werden. Aber auch "relativ triviale, gusseiserne Stehtische", die einmal Andi Lackner, der Doyen der Branche, für die Fête Imperiale, den Sommerball der Hofreitschule, im Lager entdeckte: "‚Die sind ja grandios!‘, sagte er. Für ihn war das der Fund des Jahres, den er dann nur noch in Weiß lackiert haben wollte."

Das erledigten Berlheims "großartige Mitarbeiter" für ihn, "allesamt Allrounder, die transportieren, aufbauen und instandhalten". Dazu gehört auch das Verkaufsteam, das die unzähligen Anfragen, die hauptsächlich per E-Mail eintreffen, bearbeitet. Wichtig wäre heute vor allem, dass die Mietmöbel stapelbar sind und somit in möglichst hohen Stück zahlen bei möglichst geringem Volumen transportiert werden können, darunter unzählige Konferenz- und Bankettstühle, Hochtische, Barhocker, Bierbänke, Loungemöbel, aber auch 3000 Konferenztische für die jährlichen Aufnahmetests der Medizinischen Universität Wien oder hunderte Bürosessel für den Aufbau von Pressezentren bei Sportevents.

Höchste Diskretion

Ab Frühling beliefern sie natürlich auch viele Hochzeiten, "das ist seit einigen Jahren ein Riesenthema", das meist von Wedding-Planner erledigt werde (worüber er nicht unglücklich ist, weil das "die Emotionen im Vorfeld" von seiner Firma fernhielte). Auch Porzellan, Silber und Glas sowie Geschirrserien gibt es "die nicht nur weiß und eher hochpreisig sind". Ob die Leute generell aufpassen? "Na ja", lacht er. "Manche sind durchaus pedantisch, viele könnten aber gerne "etwas sorgsamer" sein."

Dies treffe auch auf die Feste der "oberen zehntausend" zu, die er ebenfalls beliefert und die sich heutzutage kaum von den Festen anderer Kunden unterschieden. Auch dort ließe sich die Qualität der "rauschenden Nacht" an der Anzahl der beschädigt retournierten Ausstattung erkennen. Genauere Auskunft darüber zu geben verbietet ihm allerdings seine professionelle Diskretion. (Manfred Rebhandl, 9.5.2023)