Eine Infrarotkamera zeigt Emissionen eines Untergrundlagers des Gasunternehmens Snam in Minerbio, Italien, bei denen es sich um Methan handeln dürfte.

Foto: Clean Air Task Force / via Reuters

Nie zuvor stieß die globale Energieindustrie so viel Methan aus wie in den vergangenen Jahren – verbindliche Regeln für Methanemissionen gibt es in der EU bislang aber nicht. Dabei hat das Treibhausgas über eine Zeitspanne von 20 Jahren eine über 80-mal stärkere Klimawirkung als CO2 und verursachte seit Beginn der industriellen Revolution rund 30 Prozent der Erderhitzung. Jetzt verhandelt die EU erstmals eine Verordnung, welche den Methanausstoß der Erdöl-, Erdgas- und Kohleindustrie drosseln soll.

Im vergangenen Dezember einigten sich die EU-Mitgliedsstaaten im Rat auf eine gemeinsame Position zu dem Entwurf, den zuvor die Kommission vorgelegt hatte. Mit ihrem Kompromiss weichten sie viele Kriterien allerdings so weit auf, dass die zuständige Energie-Kommissarin Kadri Simson warnte, die geforderten Änderungen könnten verhindern, dass das Ziel schnell erreicht werde.

Etwa forderten die Staaten größere Zeitfenster für die Suche nach Lecks sowie Ausnahmen für ein Verbot für das routinemäßige Ablassen und Abfackeln von Erdgas – heute ist es in vielen Ländern Usus, dass überschüssiges Erdgas einfach verbrannt wird, anstatt es aufzufangen.

Parlament will 2026 Regeln für Importeure einführen

Jetzt ist das EU-Parlament am Zug: Die Abgeordneten in den Ausschüssen für Industrie und Umwelt erarbeiteten in den vergangenen Monaten einen Kompromiss, der in vielen Punkten deutlich mehr fordert als Kommission und Rat. Am Dienstag segnete das EU-Parlament diesen im Plenum wie erwartet mit einer Mehrheit ab. Was hier entschieden wird, ist dann die offizielle Position des Parlaments im sogenannten Trilog, den Verhandlungen mit dem Rat.

Das Parlament wird sich demnach unter anderem für das Verbot für das Ablassen und Abfackeln von Erdgas einsetzen, sowie dafür, dass neben der Energiebranche auch den petrochemische Sektor einbezogen wird. Außerdem sollen dieselben Regeln, die für die Energiebranche innerhalb Europas eingeführt werden, ab 2026 auch für Importeure gelten.

Die Kommission sieht in ihrem Vorschlag vor, dass Importeure im ersten Schritt nur Informationen vorlegen müssen, wie ihre Lieferanten Emissionen messen und berichten. Ihre Angaben sollen in einer Transparenzdatenbank veröffentlicht werden. 2025 will die Kommission die mögliche Erweiterung der Regeln für Importeure prüfen.

Den zuständigen Ausschüssen im EU-Parlament geht das zu langsam. Schließlich werden rund 90 Prozent der fossilen Energieträger aus Drittstaaten importiert. "Diese Verordnung hat das Potenzial, weltweit eine enorme Menge an Emissionen einzusparen", sagt die federführende Abgeordnete im Industrieausschuss, Jutta Paulus (Grüne).

Bei der Erdölproduktion in Texas, USA, wird Methan abgefackelt. Was heute vielerorts Usus ist, wird in den USA bald teuer: Unternehmen müssen ab 2025 für jede Tonne Methan Steuer zahlen.
Foto: David Goldman / AP

IEA: Methanreduktion wäre einfach und günstig

Ähnlich wie die Abgeordneten argumentiert auch die Internationalen Energieagentur (IEA). Die Organisation der Industriestaatenvereinigung OECD mit Sitz in Paris, kritisierte wiederholt, die Methanemissionen der Energiebranche seien unnötig hoch. Mit weniger als drei Prozent der Gewinne aus dem Vorjahr könnten Öl- und Gaskonzerne rund 75 Prozent ihrer Methanemissionen vermeiden, rechnet die IEA. Klimaschutz wäre hier demnach günstig zu haben. Immerhin sorgt die Energiebranche für rund ein Drittel der menschengemachten Methanemissionen.

Einige Staaten schärfen ihre Regeln bereits: Etwa führen die USA mit ihrem Inflation Reduction Act (IRA) erstmals eine Steuer auf Methanemissionen für Energieunternehmen ein. Nigeria verlangt von Unternehmen, dass sie ihre Infrastruktur häufiger auf Lecks prüfen müssen. Außerdem verbietet das Land das Ablassen von Erdgas, für das Abfackeln muss bezahlt werden. Und Kanada schreibt monatliche Prüfung vor und verhängt ein Verbot auf das Ablassen und Abfackeln von Erdgas.

Würde die EU Regeln für ihre Importe einführen, müssten viele weitere Staaten bald ähnlich Maßnahmen setzen, sagt die EU-Parlamentarierin Paulus. Die meisten der Staaten, die in die EU exportieren, hätten sich sowieso bereits zu Einsparungen verpflichtet. Sie haben auf der Klimakonferenz in Glasgow den sogenannten Global Methane Pledge unterzeichnet. Dieser will erreichen, dass die Methanemissionen im Jahr 2030 um 30 Prozent niedriger sind als 2020. Die neue Verordnung der EU könne ein wichtiger Heben sein, ist Paulus überzeugt. "Dieses wenig beachtete Gesetz könnte, in seiner weltweiten Wirkung betrachtet, zu einem der wichtigsten Elemente des Green Deal werden." (Alicia Prager, 9.5.2023)