Johannes Bruckenberger, Katharina Kropshofer, Moderator Sebastian Loudon, Eva Stanzl und Günther Mayr diskutieren über Klimaberichterstattung.

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Wien – Die Klimakrise ist eines, wenn nicht das größte Problem der heutigen Zeit, ein komplexes Riesenthema, das mittlerweile jeden erreicht hat. Die mediale Berichterstattung darüber wird stark nachgefragt. Um diese aber auch qualitativ hochwertig liefern zu können, müssen in Redaktionen starke Strukturen existieren. Darüber waren sich die Teilnehmenden einer Podiumsdiskussion der Initiative Qualität im Journalismus (IQ) zum Thema "Journalismus in der Klimakrise" einig.

Bevor die Diskutantinnen und Diskutanten am Donnerstagabend im Presseclub Concordia zu Wort kamen, lieferte Sigrid Stagl, Umweltökonomin an der Wirtschaftsuniversität Wien, ein Impulsreferat. Darin betonte sie, wie wichtig es sei, dass wissenschaftliche Erkenntnisse auch über die Medien weitergetragen werden. Sonst ändere sich "nichts". Der Klimawandel sei mittlerweile zwar als Idee und Sorge angekommen, doch seien die naturwissenschaftlichen Grundlagen bei weitem noch nicht bekannt. "Daher muss man immer wieder auch über die Grundlagen berichten", sagte sie. Nützlich wären Fixplätze für Umweltthemen in den Medien, um zu erklären, den Entscheidungsträgern auf die Finger zu schauen und Lösungswege aufzuzeigen.

Berichterstattung müsse an der Lebenswelt von Menschen orientiert sein, um eher anzukommen. Globale Phänomene könne man etwa lokal illustrieren, schlug Stagl vor. Speziell plädierte sie dafür, wirtschaftliche Vorgänge näher zu beleuchten. Denn: "Jede ökonomische Aktivität hat Umweltauswirkungen."

"Das Problem wurde erkannt"

Günther Mayr, Leiter der ORF-TV-Wissenschaftsredaktion, betonte bei der Diskussion, dass das Interesse an der Klimaberichterstattung des ORF sehr groß sei. Es herrsche auch große Betroffenheit angesichts der Lage: "Das Problem wurde erkannt." Daher sei es nur logisch, das Thema noch weiter zu forcieren. Dabei müsse man aber Panik vermeiden und Lösungen aufzeigen, um die Leute mitzunehmen, so Mayr.

"Wiener Zeitung"-Journalistin Eva Stanzl sagte, dass es herausfordernd sei, ein so schwieriges Thema wie die Klimakrise immer wieder "packend" zu erklären. Daher brauche es kompetente Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten. Einer vor Jahren durch das Medienhaus Wien durchgeführten Studie zufolge, sind Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten jedoch in der Regel hohem Druck und einer unsicheren finanziellen Lage ausgesetzt. Dies sei mittlerweile noch dramatischer geworden, meinte die Vorsitzende des Klubs der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten.

"Journalismus in der Klimakrise: Der richtige Weg zwischen Ignoranz, Aktivismus und Sensationslust": Die Diskussion zum Nachsehen.
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"Das wichtigste Thema des Jahrhunderts"

APA-Chefredakteur Johannes Bruckenberger betonte, die Klimakrise sei "sicher das wichtigste Thema des Jahrhunderts". Bei der Austria Presse Agentur habe man daher etwa eine Klimakoordinatorin ernannt, eine Klima-Taskforce mit Mitgliedern aus allen Ressorts gegründet und den Umfang der Berichterstattung über dieses Thema deutlich ausgeweitet. "Es ist das Thema, mit dem wir auch die meisten Übernahmen haben", sagte Bruckenberger. Speziell bei jungen Personen sei es nachgefragt.

Demnächst soll ein Klimakodex präsentiert werden. "Ausgangspunkt war der Wunsch danach, eine Konversation zu starten. Obwohl die Berichterstattung über Klimathemen angestiegen ist, gibt es keine Sicherheit, dass Klimaberichterstattung angesichts ihrer Dringlichkeit auch genügend Raum bekommt", klärte Katharina Kropshofer, "Falter"-Journalistin" und Mitglied des Netzwerks Klimajournalismus, auf. Journalistinnen und Journalisten verschiedener Redaktionen seien zusammengekommen und haben Grundlagen für die Berichterstattung formuliert. Etwa sollen Artikel wissenschaftlichen Fakten nicht widersprechen oder die Bilderauswahl sorgfältig erfolgen. Im Falle eines Berichts über eine Hitzewelle biete sich etwa kein Foto von vergnügten Personen am Strand an, veranschaulichte Kropshofer. "Wir würden uns freuen, wenn der Klimakodex in redaktionelle Leitlinien aufgenommen oder zumindest von möglichst vielen Medien unterschrieben wird", sagte die Journalistin.

Nach der Abgrenzung von Journalismus zu Aktivismus gefragt, meinte Kropshofer, dass Wissenschaft keine Meinung sei. "Man kann nicht daran rütteln, dass wir auf dem falschen Pfad sind. Für mich ist es daher kein Aktivismus, sondern es sind wissenschaftliche Fakten, die wiederholt werden." (APA, 12.5.2023)