Der bisherige Online-Auftritt der "Wiener Zeitung". Ein neues, nicht tagesaktuelles Angebot ist in Arbeit.

Foto: Wiener Zeitung Screenshot

Wien – Das Ende der gedruckten "Wiener Zeitung" mit 30. Juni hat der Bundesrat am Donnerstag bestätigt – und damit auch ein neues Konzept für die gleichnamige Onlineplattform im Eigentum der Republik. Tagesaktuelle Berichterstattung soll es dort nicht mehr geben, ebenso wenig das Feuilleton in Qualität und Umfang wie bisher. DER STANDARD hat erste Infos aus dem Haus, wohin die Reise geht.

Die dem STANDARD vorliegenden Eckpunkte für die Neukonzeption bestätigt Geschäftsführer Martin Fleischhacker im Wesentlichen auf dem Weg in eine Aufsichtsratssitzung am Freitagvormittag: "Ja, die Produktentwicklung ist schon recht weit fortgeschritten und arbeitet derzeit Konzepte in diese Richtung aus."

Die Eckpunkte nach STANDARD-Infos für die künftige "Wiener Zeitung" online:

  • Es soll keine tagesaktuelle Berichterstattung mehr geben.
  • Textbeiträge, datenjournalistische Beiträge, Podcasts sind geplant.
  • Eigene Contents für Social Media.
  • Als Vorbild für die neue Onlineplattform nannte Grünen-Mediensprecherin Eva Blimlinger schon die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung.
  • Die "Wiener Zeitung" soll sich künftig online längerfristigen, größeren Themen widmen.
  • Den Themenraster gibt das neue Gesetz vor, es nennt etwa: zeitgeschichtliche und gegenwärtige Ereignisse, historische, demokratiepolitische, wissenschaftliche, gesellschaftspolitische Aspekte, politische Sachverhalte, wissenschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen, politische und kulturelle Bildung, demokratiepolitisches Bewusstsein, Wissen über politische Prozesse, Strukturen, Inhalte, wirtschaftliche, wissenschaftliche, kulturelle Themen, Standort Österreich, EU/Österreich.
  • Eine deutlich reduzierte Kulturberichterstattung.
  • Keine Ressorts mehr.
  • Konstruktiver/lösungsorientierter Journalismus – wie können Fehlentwicklungen verhindert werden, sinnvolle Entwicklungen angestoßen werden, auch für lebensnahe Themen?

"Wiener Zeitung"-Geschäftsführer Martin Fleischhacker bestätigt, dass die Kulturberichterstattung deutlich eingeschränkt wird: "Ja, das Feuilleton der 'WZ' ist einzigartig, aber wir werden, insbesondere durch die reduzierte Belegschaft, es nicht im gleichen Ausmaß aufrechterhalten können."

Fleischhacker betont aber: "Es wird weiter Qualitätsjournalismus bei der 'Wiener Zeitung' geben!"

70 bis 90 Dienstverhältnisse beendet oder geändert

Bei der "Wiener Zeitung" soll es mit dem Ende der ältesten noch erscheinenden Zeitung der Welt und dem Umbau 50 bis 60 Vertragsauflösungen sowie 20 bis 30 Änderungskündigungen geben. In der Redaktion gab es zuletzt rund 50 Jobs.

Auf langjähriges Drängen von Unternehmen und ÖVP werden die Pflichtveröffentlichungen von Firmen im Amtsblatt der "Wiener Zeitung" mit Jahresmitte abgeschafft, die die Zeitung bisher finanzieren. Künftig überweist die Republik dem Medienunternehmen in ihrem Eigentum und unterstellt dem Bundeskanzleramt pro Jahr 16,5 Millionen Euro für die "Wiener Zeitung" Online (7,5 Millionen), für ein Media-Hub mit Journalismusausbildung (sechs Millionen) und für eine amtliche Verlautbarungsplattform (drei Millionen). (fid, 12.5.2023)