Das sogenannte Imam-Ali-Zentrum in Wien-Floridsdorf (IAZ) sorgt seit den Protesten im Iran gegen das amtierende Mullah-Regime und seine Sittenpolizei für Kontroversen. Die Dokumentationsstelle Politischer Islam und die grüne Nationalratsabgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic sehen das IAZ als Außenstelle der Islamischen Republik an, über die Einfluss auf Exil-Iranerinnen und -Iraner in Österreich gewonnen werden solle. Dziedzic ging sogar noch einen Schritt weiter, bezeichnete das Zentrum gar als "Drehscheibe für Spionage und politische Einflussnahme" des Mullah-Regimes in Wien. DER STANDARD berichtete. Seither ist es um diese schweren Vorwürfe allerdings äußerst ruhig geworden.

Nun bringt eine parlamentarische Anfragebeantwortung der Neos-Mandatarin Stephanie Krisper allerdings wieder neue Details rund um das IAZ aufs Tapet. Dem grünen Justizministerium sind im Zusammenhang mit dem Zentrum beziehungsweise dem dazugehörigen Verein nämlich zwei österreichweite Verfahren bekannt – beide wurden bereits eingestellt. Sie hatten aber jeweils einen interessanten Schwerpunkt.

Ärgert sich über das Schweigen des Innenministers: die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper.
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Das erste Verfahren aus dem Jahr 2019 kam aufgrund einer Sachverhaltsdarstellung in die Gänge. Es ging um den Vorwurf der mutmaßlichen Verhetzung, nachdem das IAZ eine Schrift des "radikalen islamischen Führers" und früheren iranischen Staatsoberhaupts Ruhollah Khomeini (In der Beantwortung lautet die Schreibweise Chomeini Anm.) auf seiner Webseite veröffentlicht und zum Download zur Verfügung gestellt hatte.

Von einem Ermittlungsverfahren wurde laut Justizministerium letztendlich aber mangels Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung abgesehen, "nachdem die Veröffentlichung des mehr als 30 Jahre alten Schriftstücks, das Ruhollah Chomeini zugerechnet wird, weder in gutheißender oder rechtfertigender Weise noch mit kritischer Intention erfolgte".

Zum zweiten Verfahren kam es erst im Vorjahr. Konkret ging ein anonymer Hinweis bei den Behörden ein, wonach das Imam-Ali-Zentrum mutmaßlich in "kriminelle Aktivitäten" verstrickt sein könnte, insbesondere in "die Überweisung von Geldmitteln zum Zwecke der Terrorismusfinanzierung, zur Schlepperei und zum Drogenhandel unter Verwendung des Hawala-Systems", heißt es in der Anfragebeantwortung. Das Hawala-System ist grob gesagt ein informelles Zahlungssystem, bei dem Bargeld auf Vertrauensbasis zirkuliert.

Doch "mangels näherer Hinweise und der Möglichkeit, mit dem Hinweisgeber in Verbindung zu treten", leitete die Staatsanwaltschaft letztendlich kein Ermittlungsverfahren ein – es lag ebenfalls kein ausreichender Anfangsverdacht dafür vor.

Wie eng der Draht des Imam-Ali-Zentrums zum iranischen Regime sein dürfte, wird grundsätzlich an zwei Informationen festgemacht. Das Grundbuch zeigt, dass die Islamische Republik Iran das Gebäude für das IAZ im August 2017 erstanden hat – laut Kaufvertrag für mehr als 2,5 Millionen Euro. Darüber wurde das besagte Zentrum vor etlichen Jahren von Reza Ramezani geleitet. Der Geistliche sitzt im mehr als 80-köpfigen iranischen Expertenrat, der den obersten Führer des Irans wählt.

Karner lässt Anfrage unbeantwortet

Das Innenministerium ließ sämtliche Fragen dazu übrigens unbeantwortet. Das Ressort von Minister Gerhard Karner (ÖVP) verwies auf die "Wahrung der Amtsverschwiegenheit", die "Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" und auf den Ständigen Unterausschuss des Ausschusses für Innere Angelegenheiten, in dem Abgeordnete theoretisch laufend Informationen über die Sicherheitslage Österreichs erhalten sollen.

Im Falle des IAZ dürfte das allerdings nicht der Fall gewesen sein. Krisper moniert, dass im Ausschuss keine ihrer Fragen beantwortet worden sei. (Jan Michael Marchart, 13.5.2023)