Manchmal sagt ein Kleidungsstück mehr als viele Worte. So wie jenes, das Popstar Beyoncé während ihrer "Renaissance World Tour" trägt. Um ihren schimmernden Körper scheinen sich dunkle Hände zu winden. Tatsächlich handelt es sich bei dem Hauch von nichts um einen Overall. Das Stück stammt vom spanischen Modehaus Loewe – und greift einen Trend auf, der schon länger in der Luft liegt. Zumindest auf den roten Teppichen und den großen Bühnen dieser Welt gehört das "Naked Dress" momentan zu den beliebtesten Kleidungsstücken: Ob Lizzo oder Chiara Ferragni, sie alle sind in den vergangenen Monaten in transparenten Kleidungsstücken öffentlich aufgetreten.

Das ist wenig verwunderlich, vermittelt das Nacktkleid doch gleich mehrere positive Botschaften auf einmal. "Ich habe nichts zu verbergen", wäre die eine. Die andere: "Schaut her, ich mag meinen Körper, und ich zeige ihn" (na ja, zumindest teilweise).

Beyoncé in einem hautengen Kleid des spanischen Labels Loewe.

Die Begeisterung für das Spiel mit der Nacktheit war jedenfalls vorhersehbar. Das "Naked Dress" und die "Fake Nudes" , sie kommen dem postpandemischen Bedürfnis nach Sexiness entgegen.

Losgegangen war es mit den transparenten Kleidern allerdings schon in den 1960er-Jahren. Der französisch-US-amerikanische Designer Jean Louis entwarf anlässlich von Kennedys Geburtstagssause für Marilyn Monroe jenes hautenge Skandalkleid, in dem sie ihr "Happy Birthday, Mr President" dahinhauchte. Und in das sich Kim Kardashian im vergangenen Jahr hineinhungerte.

Kim Kardashian 2022 während der New Yorker Met Gala in Marilyn Monroes "Naked Dress".
Foto: REUTERS/Andrew Kelly/File Photo

1968 dann entwarf Yves Saint Laurent ein transparentes Chiffonkleid, sieben Jahre später posierte Cher auf dem Titel des US-Magazins "Time" in einem Hauch von nichts von Bob Mackie – und sorgte für einen reißenden Absatz des Heftes. Heute garantieren die Nacktkleider Aufmerksamkeit auf Social Media. Wir erinnern uns an die Couture-Show des Hauses Valentino auf Roms Spanischer Treppe – dieser wurde von einem einzigen Look in der Front Row die Show gestohlen. Florence Pugh trug ein transparentes fuchsiafarbenes Kleid – ohne BH.

Chiara Ferragni wechselte während des Sanremo-Fests fünf Mal (!) ihr Kleid. Das Modell von Dior war mit tausenden Mikrokristallen besetzt.
Foto: EPA/ETTORE FERRARI

Auch die italienische Influencerin Chiara Ferragni wusste, was sie tat, als sie auf dem Sanremo-Festival in einem Naked Dress von Dior auftrat, das mithilfe verschieden schattierter Kristalle die Illusion eines Nacktauftritts erzeugte. Das Kleid sei als "Ode an die Schönheit des weiblichen Körpers" zu verstehen, erklärte Dior-Designerin Maria Grazia Chiuri. Und ja, natürlich auch als Werbung für die Luxusmodemarke. (Anne Feldkamp, 17.5.2023)