Asterix (Guillaume Canet, im Vordergrund li.) und sein überaus sensibler Freund Obelix (Gilles Lellouche, re.) werden vorerst noch politisch daran gehindert, den chinesischen Kinomarkt zu erobern.

Foto: Leonine

Auch ein Wildschein kann nicht den ganzen Weg zu Fuß laufen: "Asterix und Obelix im Reich der Mitte".

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Die Idee schien bestechend. Von einer chinesischen Prinzessin zu Hilfe geholt – der Ruf des Gallierdorfs ging schließlich schon in der Antike um die Welt –, machen sich Asterix und Obelix auf ins Reich der Mitte. Dort wollen sie die Kaisermutter aus den Klauen eines bösen Verschwörers befreien. Ihr Weg ist gesäumt von Piraten und Caesars Legionären, was für Kung-Fu-Keilereien sorgt und den kleinen Gallier zwingt, gegen seinen Vorsatz doch noch etwas Zaubertrank zu schlucken. Zuvor erklärt er seinem Freund, man solle weniger Wildschwein essen. "Was denn sonst?", fragt Obelix entgeistert. "Gemüse", sagt Asterix. "Gemüse?" – "Gemüse." – "Gemüse?", fragt sogar Idefix.

KinoCheck

Enthalten ist dieser zeitlose Dialog in dem knapp zweistündigen Streifen Asterix und Obelix im Reich der Mitte – der fünfte Spielfilm mit dem illustren Gallierduo. Wobei Obelix erstmals nicht von Gérard Depardieu gespielt wird, vermutlich, weil er immer mehr Rechtshändel am Hals hat.

Langsame Ermüdung

Zum ersten Mal auch ist der Plot nicht einer Comic-Vorlage entnommen. Weil die verwendbaren Schauplätze von 39 Alben langsam ausgenützt sind? Wohl eher, weil sich China den schlauen Galliern als Markt geradezu anbot. Asterix hat bisher 390 Millionen Alben von Südamerika bis Russland verkauft, doch China ist für den Pariser Verlag Albert-René (Teil des Konzerns Hachette) noch weitgehend ein weißer Fleck.

Daher wagt sich Asterix nun weiter hinaus, als er es bisher gewagt hatte. Die historische Glaubwürdigkeit mag leiden, doch die Absicht dürfte ohnehin eher kommerzieller Natur gewesen sein. Davon zeugt die Partnerschaft der Automarke Citroën, die in China heute nur 40.000 Modelle im Jahr verkauft. So rasen die Gallier im neuen Asterix-Film in einem an den legendären "Deux chevaux" (2CV) angelehnten Streitwagen Richtung Fernost.

Diese originelle Art von Produktplatzierung war wohl nötig, um den 65 Millionen Euro teuren Blockbuster mitzufinanzieren. Die meisten Szenen hätten vor Ort, also in China, gedreht werden sollen. Regisseur Guillaume Canet – der obendrein Asterix spielt, obwohl er "Obelix" Gilles Lellouche fast überragt – reiste Ende 2019 sogar mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron nach Peking, um sich für die Drehlizenzen einzusetzen.

Pandemieprobleme

Doch dann brach die Pandemie über China herein. Die französischen Filmproduzenten hörten nichts mehr aus Peking. Im Jahr darauf mussten sie sich dazu durchringen, die vielen Außenszenen in der Auvergne zu drehen. Der ursprünglich für 2021 vorgesehene Filmstart wurde verschoben.

Auch ein Wildschein kann nicht den ganzen Weg zu Fuß laufen: "Asterix und Obelix im Reich der Mitte".
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Produzent Alain Attal erzählte dem Fachmagazin So Film, dass Covid nicht der einzige Grund dafür gewesen sei. "Die Chinesen wollen alles kontrollieren. Dabei kennen sie Asterix nicht einmal. Die Zensur, die das Drehbuch abzusegnen hatte, konnte sich einfach nicht vorstellen, dass fremde Truppen wie diejenigen von Caesar in China einfallen könnten – obwohl es eine Komödie war, die zudem im Jahre 50 v. Chr. spielt."

Asterix musste das chinesische Abenteuer ohne Mitwirkung Chinas durchziehen. Noch garstiger: Der Zugang zum chinesischen Markt ist geschlossen. Ein Vertreter der Vertriebsfirma Pathé bestätigte dem STANDARD, dass der Asterix-Streifen in chinesischen Kinos vorläufig gar nicht anlaufen werde. Schuld seien "Zensur- und Visaprobleme". Immerhin seien Verhandlungen beim Filmfestival in Cannes nicht ausgeschlossen. Zumal der Streaming-Anbieter Netflix den Film in sein Programm aufnehmen will.

Negativer Tenor

In Frankreich, wo die Superproduktion bereits im Februar angelaufen ist, hat sie immerhin 4,5 Millionen Eintritte verzeichnet. Trotz eines Staraufgebots (Vincent Cassel, Marion Cotillard) hagelte es aber negative, teils verheerende Kritiken. Viele Asterix-Fans erklären in den Foren, sie würden lieber auf das nächste Asterix-Album warten.

Die weiße Iris soll im Oktober als 40. Band der Reihe erscheinen. Am Werk ist mit Fabrice Caro, kurz Fabcaro, ein neuer Texter. Nach dem Tod von Albert Uderzo, dem letzten Pionier neben René Goscinny, schaut der neuen Machergeneration niemand mehr über die Schulter. Auf dem vorläufigen Titelblatt kratzt sich Asterix etwas verloren am Kopf. Vielleicht fragt er sich, ob er noch Lust hat, seine Abenteuerreihe endlos fortzusetzen. (Stefan Brändle aus Paris, 16.5.2023)