Elke Hesse, Leiterin des MuTh, muss eine Krise bewältigen.

Moritz Schell

Als wären Corona-Folgen, Inflation und gestiegene Energiekosten nicht genug, hat das Muth nun ein weiteres Problem zu bewältigen. Der Konzertsaal der Sängerknaben, der sich allerdings besonders auch zu einem lebendigen Ort der Musikvielfalt, der Nachwuchspflege und des Experiments entwickelt hat, ist mit Geldsorgen konfrontiert.

Der bisherige Förderer, der Investor Peter Pühringer, der einst die Errichtung des Muth mit an die 15 Millionen finanziert hat und bisher immerhin an die 41 Millionen Euro in das Muth gesteckt hat (inklusive Bau), spart. Bis dato mit einer jährlichen Unterstützung von 1,4 Millionen Euro dabei, reduziert er bei einem Gesamtbudget von 2,4 Millionen seine Unterstützung auf 350.000 Euro.

Das stellt die Leiterin des Muth, Elke Hesse, vor gravierende Probleme, wobei: In der laufenden Saison rechnet sie mit gut 28.000 Gästen bei 216 Veranstaltungen, bevor die Kürzung – samt Konsequenzen für das Programm – in der nächsten Saison wirksam wird.

STANDARD: Statt 1,4 Millionen Euro nun 350.000 Euro Förderung: Ist das Muth in seiner Existenz gefährdet?

Hesse: Das Muth wird sich zurückziehen auf die Rolle als Konzertsaal des Campus der Wiener Sängerknaben, der auch an andere Veranstalter vermietet wird. Was nicht mehr möglich ist: vielen jungen angehenden Künstlern und Künstlerinnen und Musikschaffenden eine Plattform zu bieten. Auch renommierten Musikern und Musikerinnen eine Bühne zu bieten, auf der sie sich in kammermusikalischen Projekten präsentieren können und auch versuchen, neue Wege zu gehen, die so an keinem anderen Ort in Wien möglich sind, wird unmöglich werden. Trotz dieser Programmverkleinerung fehlen uns immer noch 250.000 Euro, um auch die ganz reduzierte Variante ab September 2023 zu ermöglichen. Leider muss ich 17 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kündigen.

STANDARD: 18 anstatt 35 Mitarbeitende? Wie geht das?

Hesse: Es ist für mich als Geschäftsführerin das Schlimmste, ein unglaublich motiviertes, ohnehin sehr schlankes Team nun verkleinern, jemanden, der wahnsinnig tolle Arbeit geleistet hat, kündigen zu müssen. Nun muss ich in Zukunft den Verbliebenen einiges mehr abverlangen, da sie "Multitasking", also mehrere Aufgabenbereiche, wahrnehmen müssen.

STANDARD: Welche Kosten kamen kürzlich noch dazu, Stichwort Energie?

Hesse: Die jetzige Saison 22/23 ist schon als Sparsaison angelegt worden – es gab deutlich weniger Eigenprojekte aufgrund der Folgen von Corona –, dann kamen auch noch erheblich höhere Kosten für Energie dazu, die sich um 200.000 Euro erhöht haben.

STANDARD: Die 250.000 Euro, die fehlen, um zumindest zwei Konzertzyklen abseits der Wiener Sängerknaben anbieten zu können, wie wollen Sie diese herbeischaffen?

Hesse: Wir versuchen Verschiedenes: Hoffentlich erhalten wir vom Bund und der Stadt Wien eine Projektförderung für ein großes Vermittlungsprojekt im Bereich der zeitgenössischen Musik. Des Weiteren suchen wir Sponsoren und organisieren am 14. Juni ein Fundraising-Dinner.

STANDARD: Ist vom Stammpublikum eine "Muth-Spende" möglich?

Hesse: Ja, man kann uns auch mit einer Muth-Spende unterstützen. Dies wird für den Erhalt der Vielfalt – sprich Eigenprojekte, also Zyklen und Konzerte – verwendet. Wir haben mittlerweile ein sehr treues Stammpublikum aufgebaut, und ich hoffe auch auf deren Unterstützung.

STANDARD: Neue Kooperationen geplant?

Hesse: Ich versuche und habe das auch immer versucht, uns mit vielen weiteren Kulturanbietern und Institutionen zu vernetzen, um das Muth nicht nur als Immobilienprojekt zu vermieten, sondern durch Kooperationen als Kultur- und vor allem Musikort weiterführen zu können. Ich könnte mir gut vorstellen, dass das Muth der geeignete Ort für zeitgenössische Konzert- und Musiktheaterprojekte sein könnte.

STANDARD: Hilfe der öffentlichen Hand?

Hesse: Wir sind in guten Gesprächen, ich erhoffe mir auch von deren Seite Unterstützung.

STANDARD: Die Rolle der Sängerknaben bei der neuen Situation?

Hesse: Für die Wiener Sängerknaben ändert sich nichts – sie haben nach wie vor ihren Konzertsaal, in dem sie Projekte aller Beteiligten des wachsenden Campus der WSK dem Publikum zeigen können. Es werden auch Proben, Workshops im Muth stattfinden. Wir sprechen hier von rund 60 Veranstaltungen jährlich. Durch diese Situation erwacht aber schon auch mein Pionier- und Kampfgeist. Ich sehe dies auch als Chance, das Muth nach dieser hoffentlich kurzen "Durststrecke" wieder neu aufleben zu lassen. (Ljubiša Tošić, 17.5.2023)