Die Minister(innen) Susanne Raab (ÖVP) und Johannes Rauch (Grüne) präsentierten ein mit 500 Millionen Euro dotiertes Maßnahmenpaket gegen Armut. Doch wie viel ist dieses für Betroffene wert?

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Die Regierung hat die Ratschläge der Fachleute beherzigt. ÖVP und Grüne erhören nicht nur den Ruf nach weiteren Antiteuerungshilfen, sie lassen diesmal auch die Gießkanne im Schuppen. Die am Mittwoch vorgestellten Leistungen zur Bekämpfung der Kinderarmut richten sich ausschließlich an jene, die das Geld wirklich zum Überleben brauchen: Bezieher von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, Alleinerzieherinnen mit geringen Einkommen.

Am Mittwoch wurden die Leistungen zur Bekämpfung der Kinderarmut vorgestellt
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60 Euro sind es, die bedürftige Eltern pro Kind und Monat 2023 und 2024 zusätzlich erhalten, Sozialhilfebezieher ohne Nachwuchs bekommen gleich viel bis Ende des laufenden Jahres. Das ist nicht die Welt, aber weniger läppisch, als es in den Ohren gut situierter Menschen klingen mag. Für einen Sozialhilfebezieher mit 1.054 Euro im Monat handelt es sich um eine Erhöhung im Ausmaß von knapp sechs Prozent. Da es bereits zu Jahresbeginn eine Steigerung um annähernd acht Prozent gab, sollte das Plus nach derzeitigem Stand insgesamt über der Inflationsrate liegen. Das hilft, um soziale Not lindern.

Dass sich die Regierung zu diesem Schritt zusammenraufte, dürfen die Grünen als Erfolg für sich reklamieren. Denn bislang hat Koalitionspartnerin ÖVP allergisch reagiert, wenn eine Aufbesserung von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Sozialhilfe zur Sprache kam. Schließlich galt es, den unterschwellig demagogischen Slogan "Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein" mit Restriktionen gegen angebliche Tachinierer in der "sozialen Hängematte" zu unterfüttern.

Viele Arbeitslose ignoriert

Doch die Kanzlerpartei lenkt nicht weit genug ein. Nichts nützt das neue Maßnahmenpaket jenen Arbeitslosen, die keine Kinder haben. Diese trifft die Preislawine aber besonders hart: Je länger jemand ohne Job ist, desto weiter liegt das einstige Erwerbseinkommen zurück, an dem sich die Leistung bemisst. Jährliche Inflationsanpassung? Fehlanzeige.

Sind Arbeitslosengeld und Notstandshilfe zu hoch, sinke der Anreiz, arbeiten zu gehen, argumentiert die ÖVP. Es ist legitim, diese Debatte zu führen. Doch angesichts der Rekordteuerung ist ja keine Rede davon, die Bezüge real zu erhöhen. Vielmehr geht es darum, dass Arbeitslose nicht weiterhin einen schleichenden massiven Einkommensverlust hinnehmen müssen – und noch häufiger in die Misere abrutschen.

Denn wenn die Regierung schon die Armutsstatistik zitiert, um die Unterstützung für Kinder zu argumentieren, sollte sie einen anderen Teil nicht verschweigen: Einer der allergrößten Risikofaktoren für Armut ist Arbeitslosigkeit. (Gerald John, 17.5.2023)