Eher belegt wirkender Vortrag als virtuose Reimkunst: das neue Album des heimischen Rappers Mavie Phoenix.

Foto: Angelo Kaiser

Manchmal gilt es daran zu erinnern, dass Hip-Hop als Straßenkultur begonnen hat, ein kreatives Ventil Unterprivilegierter war. Das gebar eine Dringlichkeit, eine Nichts-zu-verlieren-Attitüde, die mit dem Umzug in kuschelige Jugendzimmer verlorengegangen ist. Was dort am Laptop produziert wird, besitzt sicher seine Berechtigung, aber gerade im Hip-Hop der letzten Jahre ist es oft so, dass man angesichts mancher Veröffentlichungen den Schöpferinnen und Schöpfern die Hand auf die Schulter legen und sagen möchte: Warum suchst du dir nicht etwas, was dir mehr liegt? Für den so reichlich inflationär veröffentlichten Heimwerker- und Schlafzimmer-Hip-Hop gilt, was für alle Musik gilt: Das meiste ist schlecht, wenig gut, noch weniger super.

Über Musik sprechen

Mavi Phoenix ist ein Schlafzimmer-Hip-Hopper. Der Transmann, Mitte 20, aus Linz hat am Freitag sein Album Biggest Asshole in the Room veröffentlicht. Nachdem bei seinen letzten Veröffentlichungen hauptsächlich seine Transition Thema war, er zwar Role-Model sein, aber nicht politisiert werden möchte, kann man zur Abwechslung einmal über seine Musik sprechen.

"Roh, provokativ, mutig und brutal autobiografisch" sei sie dem Pressetext zufolge. Übersetzt wird dieses Versprechen in ausschließlich introvertierte Tracks, von denen einige durchaus Charme verströmen: der Titelsong oder das dann folgende Bird’s Eye, die vielleicht beste Nummer des dritten Longplayers von Phoenix.

Mavi Phoenix

Doch sein Rap ist eher ein belegt wirkender Vortrag als virtuose Reimkunst. Und dieses Idiom nutzt sich rasch ab, vermählt sich mit ziemlich unteraufregenden, schablonenhaften Stücken — Autotune inklusive, so als würde man damit 2023 noch jemanden erreichen.

Stangenware

Die Beats sind bessere Stangenware, Phoenix’ Stimme wächst nicht zu einem Erzählcharakter, bleibt beliebig. Immerhin kreiert er so etwas wie eine Atmosphäre, die er auf Albumlänge zieht, das Werk bleibt mit zehn meist recht kurzen Tracks leicht überschaubar.

Dass ausgerechnet das vielleicht lascheste Stück Tonight I Feel Inspired heißt, erweist sich als fiese Ironie; ein Superhero genannter Titel klingt wie ein nicht ganz ausproduzierter Track aus dem Hause Nintendo, die Texte kreisen um den Nabel des Musikers.

Das ergibt insgesamt ein im Moll-Gefühl verheddertes Album, das nach den ersten beiden Tracks absackt und sich nicht mehr fängt. (Karl Fluch, 19.5.2023)