Sollte es zu keiner Prüfung kommen, könnte das Folgen auf den Einsatz von Windows bei Behörden in Deutschland haben.
Die Dienststellen des Freistaates Bayern sollen Windows 2000 erst dann kaufen, wenn es durch das
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) überprüft worden ist, berichtet
Heise
. Darauf hat die Bayerische
Staatsregierung in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der SPD-Abgeordneten Monica Lochner-Fischer
hingewiesen. Die mögliche Verwendung von Windows 2000 in deutschen Behörden war in die Kritik
gekommen, nachdem die Zeitschrift
c't
berichtet
hatte, dass das in Windows 2000 integrierte
Defragmentierungsprogramm von einem Unternehmen aus dem Umfeld der umstrittenen
Scientology-Organisation stammt.
Prüfung noch ungewiss
Derzeit ist aber noch ungewiss, ob und wie der Softwarekonzern dem BSI eine Prüfung ermöglichen wird.
BSI-Sprecher Michael Dickopf sagte zu c't, das Amt habe Microsoft in einem Vertragsentwurf Modalitäten
der Prüfung des Defragmentierungstools vorgeschlagen. Er könne aber bislang nicht absehen, wann und wie
Microsoft darauf reagieren werde. Anfang März hatte Microsoft dementiert, dem BSI die Überprüfung des
Quellcodes angeboten zu haben.
Vertragsentwurf wird in Redmond geprüft
Microsoft-Sprecher Thomas Baumgärtner erklärte gegenüber c't, der schon mehrfach zwischen BSI und
Microsoft Deutschland abgestimmte Entwurf befinde sich derzeit zur Prüfung in der Redmonder
Konzernzentrale. Er rechne nicht mit größerem Korrekturbedarf. Die Überprüfung müsse allerdings nicht
notwendigerweise am Quelltext geschehen. Das BSI habe auch Prüfungsverfahren vorgeschlagen, die ohne
eine Offenlegung des Quelltextes durchgeführt werden könnten. Über die genauen Modalitäten der Prüfung
habe man Stillschweigen vereinbart. In früheren Stellungnahmen hatte das BSI erklärt, eine seriöse Prüfung
sei ohne Einsicht in den Quellcode nicht möglich.
Ohne Einigung möglicher Weise kein Windows in Behörden
Sollte es nicht zu einer Einigung kommen, würde Microsoft riskieren, dass viele deutsche Behörden in
Zukunft nicht mehr mit Windows arbeiten – zumal die Forderung, Open-Source-Software auch in der
Verwaltung einzusetzen, immer deutlicher vernehmbar wird. Zwar hätten auch schon Behörden und sogar
Kirchen mit der Einführung von Windows 2000 begonnen, so der Microsoft-Sprecher, aber wenn sich
Bayern offiziell gegen Windows 2000 entscheiden sollte, könne dieses Beispiel leicht Schule machen.
Allerdings hat die Bayerische Staatsregierung prinzipiell kein Problem damit, das neue Betriebssystem von
Microsoft zu kaufen. Bayerns Innenminister Günter Beckstein argumentiert in seiner Antwort auf die
Anfrage von Lochner-Fischer, dass mit Microsofts Zulieferern kein Vertrag geschlossen werde und dass
Microsoft selbst nicht allein deshalb vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden könne, weil "der
Präsident der Herstellerfirma des in Windows 2000 integrierten Defragmentiersystems Diskeeper ein
Scientologe ist". Der in der Anfrage erwähnte Beschluss des Bayerischen Landtags vom 18.12.1996,
wonach der Freistaat keine Zuschüsse für Veranstaltungen gewährt, "wenn die Aktivitäten oder
Zielsetzungen des Antragstellers, Veranstalters oder von Mitwirkenden die freiheitliche demokratische
Grundordnung oder durch die Verfassung geschützete Rechtsgüter gefährden", sei für die Vergabe
öffentlicher Aufträge rechtlich belanglos.
Lochner-Fischer kritisierte Becksteins Antwort als "rein formal-justisch". Sie vermisse den "politischen
Willen, Maßnahmen gegen Scientology durchzusetzen". Die Abgeordnete kündigte an, die Staatsregierung
durch eine weitere Anfrage zu einer eindeutigen Stellungnahme bewegen zu wollen. (heise)