Der Kampf der heimischen Musikindustrie gegen Filesharer stand im Mittelpunkt eines WebStandard-Chats mit Franz Medwenitsch, Geschäftsführer der IFPI-Austria (Verband der Österreichischen Musikwirtschaft). Medwenitsch betonte, dass in Österreich "ausschließlich" jene User von der IFPI verfolgt werden, "die eine große Anzahl von Musikfiles im Internet verbreiten." Bisher wurden 150 Verfahren eingeleitet, 53 davon wurden außergerichtlich bereinigt, in mehreren Fällen wurden Zivilklagen eingebracht, weil eine Einigung scheiterte.

Das Protokoll zur Nachlese

Franz Medwenitsch Foto: derStandard.at/Graf
Guten Tag, schön, dass sie am Chat teilnehmen und es kann schon losgehen.
Frage per E-Mail: Ist der reine Download von Files zum eigenen Gebrauch laut § 42 UrhG ("Recht auf Privatkopie") nicht legal? Das Gesetz sagt nichts über die Herkunft der Files, eine rechtmäßig hergestellte Vorlage ist keine Voraussetzung.
Franz Medwenitsch Privatkopien sind legal, aber nicht aus einer illegalen Quelle. Bei Filesharing handelt es sich aber um eine illegale Quelle.
Frage per Mail: Wurden in Österreich bereits User geklagt, die ausschließlich heruntergeladen haben (keine Uploads)?
Franz Medwenitsch Nein. Bei Filesharing wird überlicherweise gleichzeitig Up- und Downgeloadet. Wir konzentrieren uns ausschließlich auf die User die eine große Anzahl von Musikfiles im Internet verbreiten.
Micaela_M was ist der job eines ifpi-chefs?
Franz Medwenitsch Die IFPI ist der Verband der Österreichischen Musikwirtschaft, in dem die Plattenfirmen vertreten sind. Wie jeder Verband hat auch die IFPI einen Geschäftsführer.
zollerc eine durchaus ernste frage: warum kostet musik geld?
Franz Medwenitsch Weil viele Menschen daran beteiligt sind Musik zu produzieren und daraus ihren Lebensunterhalt bestreiten.
Frage per E-Mail: Wie wollen Sie mich finden? Ich habe eine dynamischen IP-Adresse, laut Ratskammer des Landesgericht für Strafsachen Wien entspricht die Bekanntgabe meiner Daten  einer Rufdatenrückerfassung. Diese darf aber erst erfolgen, wenn der Strafrahmen für die Tat sechs Monate übersteigt - Beim Anbieten von Musik über Tauschbörsen beträgt der Strafrahmen laut Urhebergesetz aber nur maximal sechs Monate.
Franz Medwenitsch Weit mehr als die Hälfte der von uns verfolgten Fälle sind dynamische IP Adressen. Die Auskunftspflicht der Provider wurde in einer Vielzahl von Gerichtsbeschlüssen bestätigt.
Frage per Mail: Lieber Herr Medwenitsch, sagen Sie uns doch bitte welchen Anteil ein Künstler an einer verkauften CD erhält. Wenn es weniger als 5 Prozent sind: wem nützt dann eigentlich das ständige Kriminalisieren der Filesharer?
Franz Medwenitsch Das ist sehr unterschiedlich, bekannte Künstler verdienen mehr, unbekannte weniger. Vom Verkauf von Musik leben in Österreich mehr als 40.000 Personen.
rafaela wie komme ich eigentlich als cd-käuferin dazu, dass meine cd im auto nicht funktioniert, bzw. dass ich nicht einmal für den privatgebrauch = sicherung fürs auto mehr eine kopie herstellen kann?
Franz Medwenitsch Neue technische Lösungen funktionieren leider nicht immer einwandfrei, das ist ärgerlich. An der weiteren Entwicklung konsumentenfreundlicher Technologien wird intensiv gearbeitet.
belanglos Sind sie sich dessen bewusst, das Begriffe wie Raubkopierer, und Musikpiraten im Grunde nicht zutreffend sind. Raub ist das gewaltsame entwenden einer Sache- Beim kopieren ist weder Gewalt im Spiel, noch wird die Sache entwendet. Piraterie beschreibt Raub auf See- was meiner Meinung nach auch nicht zutrifft. Wie koennen sie also allen Ernstes diese Begriffe verwenden?
Franz Medwenitsch Diese Begriffe haben sich international im Sprachgebrauch etabliert. Nennen sie es wie sie es wollen: Klauen ist klauen.
Sonicx Wieso kosten mp3 Downloads über Online Musicstores durchgehend ca. 1 ¬ obwohl dort keinerlei Fertigungskosten (Label, Pressung, usw.) anfallen und sind somit beinahe ebenso teuer wie die selbe CD im Laden unkomprimiert mit CD Hülle und Label, womit wird dieser Preis gerechtfertigt?
Franz Medwenitsch Weil die Entwicklung sicherer und legaler Onlineshops eine Menge Geld kostet und die Produktionskosten einer Plastikscheibe bei weitem übersteigen. Das Wertvolle an einer CD ist aber die Musik und das gilt ebenso auch für den Onlineverkauf.
speedcoyote kommt das filesharen nicht auch vom besseren angebot im netz? d.h. ich kann online sogar vergriffene titel finden, aber die - sehr konservative - musik-industrie prodegiert immer nur etablierte künstler für einen massengeschmack
Franz Medwenitsch 98 Prozent aller Titel in Filesharing-Netzen sind Top 40 Chartrepertoire. Es gibt immer einen Mainstream - und einen Nischen- Markt. Bei derzeit mehr als einer Million in Onlineshops verfügbaren Titeln ist das Angebot schon ziemlich breit.
speedcoyote glauben sie den studien, die besagen, dass filesharing auhc zum vermehrten kauf von musik führt?
Franz Medwenitsch Filesharing verstärkt den Musikkonsum, aber schadet dem Kauf von Musik.
rosa_roar hat die musikindustrie die entwicklung im bereich internetverkauf etwas verschlafen?
Franz Medwenitsch Der Aufbau von Onlineshops ist komplex und lässt sich nicht über Nacht abwickeln. Kernkompetenz der Musikwirtschaft ist das Finden und Produzieren von Musik. Kernkompetenz des Handels ist das Verkaufen an den Konsumenten. Der Musikhandel ist sicher im Umbruch.
adplusplus Was können sie tun um das Angebot in Online Musik Stores zu erweitern? Hier sind ja einige Labels noch verhalten und es gibt auch nationale Unterschiede, auch zwischen Deutschland und Österreich.
Franz Medwenitsch Hier hat sich gerade in letzter Zeit viel getan. Mehr und mehr Labels haben ihre Musik digitalisiert und stellen sie Onlineshops zur Verfügung. Je schneller sich der Onlinemarkt entwickelt, desto schneller wächst auch das Angebot.
quequeg wieso wird nicht in Erwaegung gezogen CD-Preise zu senken? Die Hoehe derer ist naemlich der Hauptgrund, der mich vom Kauf von Tontraegern abhaelt.
Franz Medwenitsch Tatsache ist, dass die CD-Preise in den letzten drei Jahren gesunken sind. Neue gestaffelte Preismodelle wurden erprobt und haben sich bei den Konsumenten bewährt. Der Preis der CD wird aber nicht von den Produktionskosten bestimmt, sondern von den Kreativleistungen.
Karlotius Ein 3-tägiges Festival kostet 90-100 Euro. Das sind in etwa 4-5 CD. Bei dem Festival treten 15-20 Bands auf. Das Organisieren eines Festivals ist aber weitaus teurer als das produzieren einer CD. Trotzdem ist im Vergleich ein Festival weitaus billiger als eine CD. Wie erklären sie diesen Unterschied?
Franz Medwenitsch Ein Festival kann man aber nicht mit nach Hause nehmen und die nächsten zehn Jahre täglich hören.
flockenrocker können sie sich vorstellen, dass das verhalten der musikindustrie (strafrechtliche verfolgung von filesharern), verkauf von "nicht einwandfrei funktionierenden" produkten) dem verkauf eher schadet als nützt ?
Franz Medwenitsch Nein.
dkp sind sie auch der meinung, dass apples marktfŸhrerschaft am online musikmarkt schlecht fŸr die musikindustrie ist?
Franz Medwenitsch Erfolgreiche Pioniere haben einen Zeitvorsprung, aber mehr Wettbewerb tut diesem Markt sicher gut.
Micaela_M laut ballmer stehlen ipod-userInnen musik, wie sehen sie das?
Franz Medwenitsch Wenn ipod-UserInnen ihre Tracks aus dem itunes-Musicstore downloaden, dann stehlen sie nicht.
Harpagophyt Wie stehen Sie zu den Entwicklungen in Deutschland, bzgl. Abmahnung von Usern welche Liedtexte online zur Verfügung stellen? Wann wird das Vorsingen strafbar sein?
Franz Medwenitsch Wir haben keine Abmahungen wegen Liedtexten gemacht und wir werden auch keine machen.
Wednesday würden sie ihren kindern das herunterladen verbieten?
Franz Medwenitsch Schon geschehen. Ich verbiete ihnen auch im Kaufhaus zu klauen.
ColKURTZ Welche CD haben Sie sich zuletzt gekauft?
Franz Medwenitsch Eine Nena CD - für meine Kinder.
elsanto Wie stehen Sie zur neuen Urheberrechtsabgabe auf Festplatten bzw. in weitere Folge auf MP3-Player. Warum noch eine Abgabe zahlen, wenn die Musik legal (z.B via Online-Shop oder CD) gekauft wurde und die Weitergabe entweder nicht möglich ist (DRM bzw. kopiergeschütze CD) bzw. sowieso illegal ist?
Franz Medwenitsch Auf viele Speichermedien kommt Musik via Privatkopie und deshalb gibt es bei diesen Medien eine Urherberrechtsabgabe.
belanglos Glauben Sie wirklich, dass es wirksame Kopierschutzmechanismen geben kann. Alles was hoerbar ist ist auch kopierbar, auf Umweg ueber analoge Signale immer. Was soll also die Geldverschwendung in diesem Bereich?
Franz Medwenitsch Es geht hier nicht um einen Wettbewerb mit Technikgurus, sondern darum massenhaftes Kopieren zu vermeiden.
el robert Nach dem österreichischen Copyright-Gesetz ist das nicht-kommerzielle Kopieren von CDs für den privaten Gebrauch oder für Freunde und Verwandte legal. Wie lassen sich in diesem Sinn kopiergeschützte CDs rechtfertigen?
Franz Medwenitsch Kopierschutz richtet sich nur gegen das Brennen von CDs. Andere Kopiertechniken sind nach wie vor möglich.
xamedes was wird getan um die qualität der cd's zu steigern? warum habe ich kein recht, musikstücke, die ich schon auf cd erworben habe, nochmals downzuloaden?
Franz Medwenitsch Der Konsum von Musik steigt ständig, an der Qualität kann es also nicht liegen. Zu ihrer zweiten Frage: Warum haben sie nicht das Recht ein Fahrrad, das sie gekauft haben noch einmal zu klauen?
lomis Wieviele Personen wurden in Österreich wegen Filesharings (und Uploaden) rechtskräftig verurteilt?
Franz Medwenitsch Es gibt inzwischen 150 eingeleitete Fälle, 53 davon wurden außergerichtlich bereinigt, in mehrern Fällen wurden Zivilklagen eingebracht, weil eine Einigung scheiterte.
ColKURTZ Wie sehen Sie die "Bedrohung" durch Internetradiostationen, wo man sich die Musik gratis und legal, dafür eben in schlechterer Qualität besorgen kann?
Franz Medwenitsch Internetradio ist eine spannende Entwicklung und wir lizenzieren solche Projekte. Schlechte Qualität wird sich am Markt nicht durchsetzten.
zollerc was halten sie vom "creative commons" lizenzmodell
Franz Medwenitsch Mit Zustimmung der Rechteinhaber ist jedes Lizenzmodell möglich.
speedcoyote was ist eine angemessene strafe für filesharing?
Franz Medwenitsch Uns geht es nicht um Strafen oder deren Höhe, sondern darum, das Bewußtsein für das geistige Eigentum zu stärken und um eine Verhaltensänderung bei Raubkopierern.
tp600 Würden Sie zustimmen, dass das Downloaden von Musik und Software aus dem Internet wesentlich zur Verbreitung von Breitbandtechnologien beigetragen hat? Finden Sie die Unterstützung der EU für neue Breitbandanschlüsse eine sinnvolle Investition?
Franz Medwenitsch Breitbandinternet ohne Content macht wenig Sinn. Andererseits ist auch der Onlineverkauf von Musik, Filmen, Software, etc ohne Breitband nicht möglich. Insofern ergänzt sich das.
lunedi Man hört dazu öfters unterschiedliche Aussagen (auch je nach Land/Europa/USA): Sinkt oder steigt in Österreich nun der Musik-Download? Mit welchen Methoden werden diese Zahlen erhoben?
Franz Medwenitsch Der legale Download von Musik steigt definitv, illegales Filesharing sinkt. Erhoben werden Umsätze der Shops und Bewegungen auf Tauschbörsen.
Blubberlutsch Haben Sie sich als jugendlicher Platten von Freunden ausgeborgt und sie auf eine Musikassette aufgenommen?
Franz Medwenitsch Ja, natürlich.
el robert Viele ausländische, bei uns vollkommen unbekannte Gruppen sind in Österreich ausschliesslich per Filesharing zu erhalten. Ist das auch illegal?
Franz Medwenitsch Auch wer Unbekanntes stiehlt, stiehlt.
Machiavelli25 Herr Medwenitsch - im Falle einer Zivilklage: Welche Beweiskette führen Sie genau die zweifelsfrei die beklagte Person identifiziert?
Franz Medwenitsch Es hat noch kein einziger von uns erwischer Filesharer geleugnet, dass er oder sie es waren.
zollerc wäre eine "Kultursteuer" (die an die Rechteverwerter ausgeschüttet wird) auf Breitbandanschlüsse für die Industrie ein gangbarer Weg, da sich "raubkopieren" auf absehbare zeit nicht wirksam bekämpfen lassen wird?
Franz Medwenitsch Bei der Kultursteuer geht es nicht um Leistung und Gegenleistung, sondern um eine großes Umverteilungsmodell. Wir sind mehr für einen Anreiz durch individuellen Erfolg.
belanglos Die Musikindustrie hat einen Umsatz vergleichbar mit der Holzindustrie in Oesterreich- wuerden Sie sich von der Holzindustrie vorschreiben lassen wie Sie ein Buch zu konsumieren haben? Nur einmal lesen, nicht herborgen, unmoeglich einen Teil zu kopieren? Wieso kann die Musikindustrie auf bestehende Gesetze einwirken?
Franz Medwenitsch Nein, das würde ich mir von der Holzindustrie nicht vorschreiben lassen.
boy sets fire wieso hat ein großteil der musiker kein problem mit downloads ihrer lieder, obwohl die konzerne immer wieder damit argumentieren, dass der künstler direkt bestohlen wird?
Franz Medwenitsch Jeder Künstler, der sein Werk verschenken will, darf das. Die meisten Künstler leben aber vom Verkauf ihrer Werke und nicht vom Verschenken. Jedenfalls muss er selbst darüber entscheiden können.
lomis Was sagen sie zu Fernsehwerbungen in Österreich, wo eine Band auftritt welche sagt: "WIr spielen nichts! Wir laden alles runter!" (Werbung für einen Internetanbieter)?
Franz Medwenitsch Die UTA hat uns versichert, dass damit selbstverständlich die legalen Onlineshops gemeint sind.
Donn Inwiefern lässt sich überhaupt feststellen, dass die bezifferten verluste durch raubkopien überhaupt echte verluste sind? Nicht jeder beisst in den sauren Apfel und kauft die vergleichsweise teuren CDs, oder möchte unbedingt kostenpflichtige Downloads nutzen.
Franz Medwenitsch Die Raubkopien haben einen wesentlichen Anteil an den Verlusten, aber es gibt auch andere Ursachen.
lunedi Vertritt die IFPI alle österreichischen Musikproduzenten oder nur einen Teil? Befürworten alle Labels, auch die kleinen, den "Kampf gegen die Tauschbörsen"?
Franz Medwenitsch Wir vertreten große und kleine Labels, die insgesamt etwa 90 Prozent des österreichischen Musikmarktes repräsentieren. Alle IFPI-Mitglieder unterstützen die "Aktion scharf".
Jack Sparrow if you cannot kill the beast ... wie schaut eine strategie der musikwirtschaft aus mit ihm zu leben?
Franz Medwenitsch Eine wesentliche Strategie ist es die legalen Onlineshops zu unterstützen. Ausserdem werden gerade legale Filesharing-Konzepte entwickelt und getestet.
R1150 Was hat die Musikindustrie aus "Schnappi" gelernt, das Lied das zuerst online gratis zur Verfügung stand, und dann Nummer 1 wurde?
Franz Medwenitsch Solche Phänomene wird es immer geben, daraus lässt sich keine Marktstrategie ableiten.
MATMAT Von der Tauschbörse zu einem anderen Musikskandal: Was sagen Sie zur Thematik der "Chartsmanipulation"? Gibt es solche Machenschaften auch in Österreich?
Franz Medwenitsch Versuche, die Charts zu beeinflussen sind so als wie die Charts selbst. Hinter den österreichischen Charts steht ein ausgeklügeltes Kontollsystem, um das zu verhindern. Danke für den interessanten Chat, bis zum nächsten Mal.