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Im "Tümpel des Todes" sind Erdkröten aus bisher ungeklärter Ursache explodiert.

Foto: APA/Vier Pfoten
Hamburg - Vom "Tümpel des Todes" ist die Rede - und tatsächlich hat sich an einem unscheinbaren Gewässer in Hamburg-Altona Grausiges abgespielt: Binnen weniger Tage starben nach Behördenangaben mehr als 1.000 Erdkröten eines qualvollen Todes, weil sich ihre Körper wie Ballons aufblähten und sie schließlich explodierten.

Seither zerbrechen sich auch über die Hansestadt hinaus Experten den Kopf, was die Kröten zum Platzen brachte. Über eine Attacke aggressiver Krähen, seltene Viruserkrankungen und eingeschleppte Pilze wird spekuliert. Doch eine eindeutige Erklärung für das Phänomen können weder Krötenforscher noch Tierärzte, Mikrobiologen oder Naturschützer liefern. "Wir stehen vor einem Rätsel", sagt Janne Klöpper vom Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt.

Augenzeugen

Einer der ersten Augenzeugen des Massenplatzens war Werner Smolnik, Experte beim Hamburger Naturschutzbund. Spaziergänger hatten an dem in einem Park gelegenen Regenrückhaltebecken Hunderte von Krötenkadavern entdeckt und ihn alarmiert. "Wir sahen Tiere, die an Land gekrochen kamen, sich aufblähten und platzten", erinnert sich Smolnik. Mit Schaudern denkt er an die Erdkröten, die in kürzester Zeit um das Dreieinhalbfache ihres sonstigen Körperumfangs anschwollen und dabei ein "schmerzverzerrtes Quaken" ausstießen. Bis zu einem Meter weit seien die Innereien der Amphibien durch die Explosionen verspritzt worden. "Das war ein Bild wie in einem Science-Fiction-Film."

Der Umweltschützer tappt bei der Ursachenforschung im Dunkeln. Er hält es aber für möglich, dass über einen Wasserzufluss von der nahen Trabrennbahn ein seltener Pilz ausländischer Pferde in das Gewässer gelangte. "In Mittelamerika hat man ähnliche Phänomene schon beobachtet."

Krähen-Erklärung

Eine ganz andere Erklärung hat Amtstierarzt Otto Horst vom Bezirksamt Altona. Er stützt sich auf das Gutachten eines Berliner Amphibienexperten, der angesichts der rätselhaften Kröten-Explosionen zur Hilfe gerufen worden war. Demnach wurden die Tiere Opfer von aggressiven Krähen, die es auf die schmackhafte Leber der Amphibien abgesehen hatten. "Sie sind über die Erdkröten hergefallen, haben sie von der Seite angepickt und die Leber herausgezogen", erklärt Horst. Die Amphibien, die nicht sofort gestorben seien, hätten sich dann in Panik solange aufgebläht, bis die ohnehin aufgerissene Haut geplatzt sei.

Der Amtsveterinär ist überzeugt, dass sich die brutalen Attacken in der Dämmerung ereigneten, als die Kröten gerade zum Laichen in das Gewässer wanderten. Für diese Erklärung spricht, dass vielen der untersuchten Kadaver die Leber fehlte und dass die Kröten meist dort geplatzt waren, wo der Körper eigentlich stabil ist, und wo die Krähen wohl hinein gepickt hätten. Normal sei ein solches Verhalten bei den Vögeln allerdings nicht, räumt Horst ein. Und wie es auf einen Schlag so viele Kröten treffen konnte, kann auch der erfahrene Tierarzt sich noch nicht erklären: "Ich habe so etwas noch nie erlebt."

Untersuchungen

Fest steht: Weder im Wasser noch in den Krötenkadavern fand das Hygiene-Institut bei umfassenden Forschungen Hinweise auf Krankheitserreger oder Umweltgifte. Auch der angebliche Killer-Pilz aus Mittelamerika wurde nicht nachgewiesen. Also doch eine Attacke von Vögeln à la Alfred Hitchcock? Das kann Janne Klöpper vom Hygieneamt weder bestätigen noch dementieren. "Es gibt bei dieser Theorie noch offene Fragen", sagt sie. Etwa, warum das Phänomen nicht schon häufiger beobachtet wurde. Das Institut hält es auch für möglich, dass ein neuartiger Virus an der Explosion der Kröten schuld ist. Deshalb wurde auch ein auf Viruserkrankungen bei Tieren spezialisiertes Institut in Berlin eingeschaltet.

Der Naturschützer Smolnik fährt unterdessen jede Nacht zwischen 3.00 und 4.00 Uhr einmal zu dem abgesperrten Gewässer, um nach jenen Erdkröten zu sehen, die überlebt haben. "Bislang sehen sie kerngesund aus", sagt er erleichtert. (APA)