Wien - Eigentlich seien die letzten fünf Jahren wie im Nu verflogen, meint Alfred Gusenbauer. In den großen Jubiläen der Republik nimmt sich sein Jahrestag naturgemäß bescheiden aus.

Am 29. April 2000 wurde Gusenbauer zum Vorsitzenden der SPÖ gewählt - ein Kompromisskandidat, kämpften doch mit Karl Schlögl und Caspar Einem zwei wesentlich klarer positionierte und exponierte Politiker um die Parteiführung. Schlögl, der einen pragmatischen Zugang zum rechten Lager vertrat und mit einer Einbindung Jörg Haiders kein Problem gehabt hätte, traf auf Einem, der als Hoffnungsträger des linken Flügels kein Hehl aus seiner Abneigung gegen die Linie des ehemaligen Innenministers machte. Noch heute sind viele SP-Funktionäre überzeugt, dass es die SPÖ tief gespalten hätte, wäre sie mit Schlögl oder Einem an der Parteispitze in die Opposition gegangen.

Also wurde es Gusenbauer, der es gerade zum Bundesgeschäftsführer gebracht hatte. Den Stallgeruch für einen Parteivorsitzenden brachte er dennoch mit: Aus einfachen Verhältnissen kommend, hatte der gebürtige St. Pöltner, der seine Kindheit und Jugend in Ybbs verbrachte, eine klassische Sozialisation durchlaufen: Mitglied und später Bundesobmann der Sozialistischen Jugend, Vizepräsident der Sozialistischen Internationale, Bundesrat, Nationalratsabgeordneter.

Als Bundesgeschäftsführer bekam der promovierte Politikwissenschafter mehr als eine Ahnung vom Erbe, das ihm seine Vorgänger hinterlassen hatten: Die Finanzen der SPÖ waren, als Gusenbauer Parteichef wurde, zerrüttet. Die Loyalität, die Gusenbauer seiner Nachfolgerin in der Geschäftsführung, Doris Bures, bis heute entgegenbringt und die ihm viele vorwerfen, hat mit der Sanierung zu tun, die Bures mit eiserner Hand durchgezogen hat.

Seine bisherige Bilanz könne sich sehen lassen, meint Gusenbauer: Die Partei sei finanziell gesund, in den 14 Wahlen unter seinem Vorsitz habe die SPÖ kontinuierlich zugelegt. Dass es bei der Nationalratswahl 2002 nicht zum ersten Platz gereicht hat, wurmt ihn bis heute.

Rote Markteroberung

Und treibt ihn weiter an: Am Morgen seines "Dienstjubiläums" nach Favoriten, wo er Ankerbrot und Porr besucht und am Nachmittag den Viktor-Adler-Markt. Der hat es Gusenbauer besonders angetan: Hier habe Jörg Haider der SPÖ den Kampf angesagt, und hier will Gusenbauer klar machen, dass das Pendel in die rote Richtung zurückgeschwungen ist.

Groß feiern will die SPÖ ihren Chef nicht, dazu muss er wohl Kanzler werden, wie Gusenbauer am besten weiß. Bis dahin muss ein Brief reichen, in dem Gabi Burgstaller, Michael Häupl und Hans Niessl ihrem "lieben Alfred" gratulieren und ihm versichern, dass die SPÖ bereit sei, mit ihm "an der Spitze den Führungsanspruch" zu stellen. Bei so großen Wünschen nimmt sich ein kleiner Gusenbauers bescheiden aus, aber machbar: dass Rapid Wien das Auswärtsmatch gegen Tirol gewinnen möge. (DER STANDARD, Printausgabe, 30.4.2005)