Alfred Gusenbauers rote Tasche im Jahr 2000

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Wien - Ein bisschen schlechtes Gewissen klang schon durch: "Akzeptieren wir die mitunter leider auch öffentlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten als Teil eines notwendigen Reifungsprozesses", schreiben die roten Landeshauptleute ihrem "lieben Alfred" im öffentlichen Brief zum 5. Geburtstag an der Parteispitze. Nach fünf Jahren, in denen Alfred Gusenbauer so lautstark und so heftig kritisiert wurde wie kein SPÖ-Chef vor ihm.

Es waren hauptsächlichen Stilfragen, an denen sich die parteiinterne und öffentliche Kritik oder Häme entzündete. Gusenbauer ist der erste männliche Politiker, an dessen Styling intensiv herumgemäkelt wurde: Seine Anzüge, seine Frisur (mehr oder weniger intensiver Irokesenschnitt) und auch seine Tasche (zeitweise feuerrot) wurden immer wieder thematisiert.

Ernster und parteiinterner auch heftiger umstritten waren die Fragen des politischen Stils. Vor allem zwei kulinarische Punkte wurden Gusenbauer angelastet: Wein und Spargel. Die Wein-Kritik wurde im Frühling 2003 laut, als fast die ganze rote österreichische Welt gegen die Pensionsreform zu Felde zog - und Gusenbauer in einem profil-extra das Hohelied auf den neuen Wein anstimmte.

Einen Monat später, im Mai 2003, traf sich Gusenbauer mit dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider zum Spargelessen - um mit ihm, wie der SPÖ-Chef sagte, Möglichkeiten des gemeinsamen Vorgehens gegen die Pensionsreform auszuloten. Die Rest-SPÖ goutierte das nicht - und wetterte gegen die "Spargel-Koalition" als Aufwertung Haiders. "Spargel-Koalition" wurde auch später wieder ein geflügelter Sager - als sich die Kärntner SPÖ auf eine blau-rote Koalition mit Haider in Kärnten einließ.

Über diesen Stilfragen schwelte lange, manchmal mehr, manchmal weniger intensiv, eine Obmanndebatte dahin. Parteiinternes Hickhack über die Zahl der Bereichssprecher, die Kommunikation und das ominöse "Schattenkabinett" taten das Ihre.

Zum 5. Geburtstag versicherte die SPÖ ihrem Chef aber öffentlich: "Die Sozialdemokratie steht heute geschlossen hinter dir." (eli/DER STANDARD, Printausgabe, 30.4.2005)