Das älteste Archiv Wiens: Seit dem Revolutionsjahr 1848 ist das Hofkammerarchiv in der Johannesgasse untergebracht.

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Das Hofkammerarchiv soll von der Johannesgasse in den 3. Bezirk übersiedeln. Beim Bundesdenkmalamt steht man jedoch auf dem Standpunkt, dass das ganze Gebäude inklusive Inventar und Grillparzer-Zimmer unter Schutz steht.

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Wien - Die Zukunft des Wiener Hofkammerarchivs ist ungewiss. Das altehrwürdige Archiv, dessen Direktor von 1832 bis 1856 Franz Grillparzer hieß, soll von der Johannesgasse 6 in ein neues Gebäude im 3. Bezirk übersiedeln, und zwar noch heuer. Dem Vernehmen nach sollen die Räumlichkeiten für Ausstellungen genutzt werden.

Die Umzugspläne sind jedenfalls Chefsache. Im Hofkammerarchiv verwies man auf Anfrage auf die Generaldirektion des Staatsarchivs. Generaldirektor Lorenz Mikoletzy befindet sich derzeit auf Dienstreise und war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. "Der Herr Generaldirektor behält sich vor, über die Angelegenheit ausschließlich selbst Auskunft zu geben", hieß es im Staatsarchiv dazu knapp.

Freude mit Ende

Im Bundesdenkmalamt (BDA) ist die Freude über die Umzugspläne freilich enden wollend. "Wir haben die Gerüchte gehört und haben an Generaldirektor Mikoletzky und Sektionschef Matzka einen Brief geschrieben", erzählt die Wiener Landeskonservatorin Barbara Neubauer im STANDARD-Gespräch. In dem Schreiben habe man darauf hingewiesen, so Neubauer, dass das Objekt unter Denkmalschutz stehe - auch mit allem, was sich darin befindet: "Das Hofkammerarchiv hat nur mit seiner derzeitigen Ausstattung einen Sinn." Das Direktionszimmer Franz Grillparzers sei mit den anderen Räumen, den Regalen und den historischen Faszikeln eine untrennbare Einheit. Bis Freitag vergangener Woche ist jedenfalls kein Antrag auf Absiedelung der Archivalien beim Bundesdenkmalamt eingetroffen.

Auffassungsunterschiede

Neubauer räumt allerdings ein, dass es möglicherweise Auffassungsunterschiede gebe und "das Bundeskanzleramt nicht der Ansicht ist, dass es einen Antrag stellen muss". Ohne Konzept werde es auch in Zukunft schwierig sein. "Man kann sicher darüber reden, wenn es um benützertechnische Probleme wie den Brandschutz geht", betont Neubauer, der daran gelegen ist, eine Gesprächsebene zu finden, "wo man ruhig darüber reden kann".

Manfred Matzka, Sektionschef im Bundeskanzleramt, der trotz mehrmaliger Versuche des STANDARD für keine Stellungnahme zu erreichen war, habe sich, so Neubauer in einem Telefongespräch, nicht sehr kooperativ gezeigt. "Da muss man den Blick schon weiten, um die Zusammenhänge zu sehen", so die Landeskonservatorin: "Es wäre sehr schade, wenn etwas so Einzigartiges verloren ginge." (Bettina Fernsebner-Kokert, DER STANDARD – Printausgabe,03.05.2005)