Wien - Die Musik Franz Schuberts ist die schönste und schmerzendste überhaupt, wobei das Schöne und das Schmerzende hier eins sind. Glück ist weniger Zustand als Sehnsucht: Sehnsucht nach Glück, vermischt mit dem Schmerz darüber, dass die schönsten Momente so selten waren, und vermischt auch mit der Ahnung, dass sie nur noch selten sein werden.

Vom Alban Berg Quartett erwartet man sich bei der Interpretation eines überirdischen Stücks Musik wie Schuberts C-Dur-Streichquintett D 956 natürlich Wunderhaftes - zumal, wenn es von Heinrich Schiff unterstützt wird, einem Cellisten, dessen musikalische Genialität es ihm möglich macht, mit einem einzigen Pizzikato-Ton mehr zu sagen und zu geben als mancher Kollege in einem ganzen Konzert.

Aber der erdenferne zweite Satz etwa - jenes leise, zarte Adagio, in dem die Welt und das Leben stillzustehen, zu schweben scheinen - hob nie ab: vielleicht deshalb, weil er etwas zu eilig angegangen wurde, mit Sicherheit aber, weil Günter Pichler das punktierte Sechzehntelmotiv regelmäßig einen Tick zu früh brachte und so dem Thema einen unpassend drängelnden Charakter verlieh.

Überhaupt präsentierte sich der Primgeiger als matter Leitstern des glanzvollen Ensembles (in welchem Isabel Charisius den erkrankten Thomas Kakuska ersetzte): unelegant, mühevoll sein Musizieren; kaum ein unbeschwertes Atmen, keinesfalls ein Blühen etwa beim Seitenthema des c-Moll-Quartettsatzes D 703, lediglich ein blasses Abspielen der Linie.

Auch Radu Lupu widmete sich einem Großwerk des sanftesten aller Tonsetzer: Nachdem er im ersten Teil mit Beethoven beeindruckt hatte (darunter eine transparente, pointierte, im "marschmäßigen" zweiten Satz fast filigrane A-Dur-Sonate op. 101), gab der Rumäne Schuberts große G-Dur-Sonate D 894. Ruhig, klar, eine Spur zu abgeklärt präsentierte er das sonnige Werk: mehr klassisches, ebenmäßig poliertes Musikheiligtum denn menschliche Erzählung in Tönen. (end/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.5.2005)