Wien - Die Kreuzschifffahrt, die sich in Europa wesentlich geringerer Nachfrage erfreut als in den USA, will mit neuen Konzepten in Europa breitere Kundenschichten ansprechen und verschmäht auch die Billig-Schiene nicht mehr.

Am 6. Mai ist das erste Kreuzschiff von EasyCruise in See gestochen, eine zu der Unternehmensgruppe Easy- Group des britisch-griechischen Unternehmers Stelios Haji-Ionnou gehörende Schifffahrtslinie. Haji-Ionnou ist auch der Gründer und Mehrheitseigentümer der Billigfluglinie EasyJet.

Das Konzept von EasyCruise lehnt sich dementsprechend stark an EasyJet an: Buchung nur über das Internet; spartanische Einrichtung; Konsumation gegen Bezahlung. Und das Wichtigste: der Preis, der ähnlich gestaffelt ist wie bei den Lowcost-Airlines. Clever gebucht, lässt sich die Tour bereits ab 25 Pfund pro Person und Nacht (36,60 Euro) ergattern.

"Das wird nur beim englischen Publikum funktionieren", ist Alexander Gessl von der CCS-Cruise Contact System Kreuzfahrten GmbH überzeugt. Die Kreuzfahrt habe sich ein gehobenes Image bewahrt und segle damit auch hier zu Lande auf Erfolgskurs. Thomas Böhm, Geschäftsführer der italienischen MSC Kreuzfahrten schätzt, dass die im Vorjahr rund 40.000 heimischen Seefahrer bis 2006 auf 60.000 gesteigert werden können. Dafür sei ausschlaggebend, dass sich das Publikum verjünge, weil die neueren Schiffe mit zusätzlichen Sportmöglichkeiten und kindergerechten Angeboten ausgestattet werden.

Dennoch sieht die Branche stärkere Preiskämpfe am Horizont aufziehen. Manfred Greul-Jägersberger, der mit Caravelle Seereisen Linien wie Celebrity vertritt, beobachtet einen wahren Boom beim Kreuzschiffbau, wobei häufig "Megaliner" hergestellt werden, die bis zu 3000 Urlauber beherbergen können. Allerdings: "Die neuen Schiffe sind kostengünstiger im Betrieb", sagt Böhm.

Sicher jedoch werde Europa nie ein so großer Markt wie die USA, sind die Experten überzeugt. Während es in den USA im Jahr neun Millionen Kreuzschiffpassagiere gebe, sind es in Europa derzeit nur zwei Millionen. Und während die US-Cruiser schwimmende Kasinos sind, stehen für den europäischen Gast Erholung und Sightseeing im Vordergrund. (ruz, DER STANDARD, Printausgabe vom 11.5.2005)