Wiens Bürgermeister Michael Häupl und SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer hoffen auf einen roten Oktober ...

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... Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Steiermarks Landeshauptfrau Waltraud Klasnic auf schwarze Erfolge – und gute Nerven beim orangen Koalitionspartner.

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Jagd auf roter Oktober: Dieser Film wird im Herbst im politischen Programmkino gespielt - zumindest in Wien und im Burgenland. Beide Bundesländer sind SPÖ-Hochburgen, beide rote Landeshauptleute verlegen die Wahl vor. Burgenland von Dezember auf Oktober, Wien gleich von Frühjahr 2006 auf Herbst 2005. Die Sommer-Urlaubssperren für die roten Mitarbeiter waren längst verhängt, die Plakatflächen in Wien sind ausgebucht - am Freitag nun verkündete Bürgermeister Michael Häupl: "Der Wahlkampf hat längst begonnen." Um ihn zu "reduzieren", werde die Wahl vorverlegt. Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl argumentiert ähnlich - und wie Parteifreund Häupl mit der Zuversicht im Hintergrund, dass nur die Höhe des Wahlsiegs zur Debatte steht, nicht der Wahlsieg selbst.

Einzig die steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (ÖVP) ziert sich noch mit einer offiziellen Festlegung für einen Wahltermin. Weil die Steiermark keinesfalls gleichzeitig mit einem anderen Bundesland wählen will, bleibt nur mehr der 16. Oktober als Tag des Urnengangs.

9., 16. und 23. Oktober, drei Landtagswahlen binnen drei Wochen - die politische Saison, die traditionell über die Sommermonate Pause macht, beginnt mit einem regelrechten Wahlstakkato. Die Parteien steuern auf einen heißen Wahl-Oktober zu - der lange Schatten auf den Bund wirft.

Vor allem die SPÖ hofft auf kräftigen Rückenwind. "Natürlich ergäbe das eine ganz eigene Dynamik, wenn wir zum Herbstauftakt von einem Wahlsieg zum nächsten reiten", meint ein Stratege der Bundespartei.

Die Koalition hat die genau gegenteilige Dynamik zu befürchten: "Es ist nicht unwahrscheinlich, dass alle drei Wahlen schlecht für die Regierung ausgehen", analysiert Politologin Eva Zeglovits vom Institut Sora. Vor allem der kleine Koalitionspartner könne Verluste fix einkalkulieren: Fanden doch die vorigen Landtagswahlen zu einer Zeit statt, als Knittelfeld nur ein unbekannter Ort in der Steiermark und das BZÖ nicht vorhanden war. In Wien etwa erreichte die FPÖ 2001 über 20 Prozent - ein Ergebnis, von dem Blau-Orange diesmal gemeinsam nicht träumen kann.

Alle drei Urnengänge werden zum ersten großen "Reality Check" für Jörg Haiders BZÖ. Aktuell sind die Umfragewerte wenig aussagekräftig, weil sich die Wähler nach wie vor kein rechtes Bild von der neuen Gruppierung machen konnten, dennoch scheint klar: Überragend erfolgreich werden die Wahlen für die Orangen nicht ausgehen. "Das BZÖ wird sich genau überlegen müssen, ob es überhaupt antritt", rät ein hochrangiger Mitarbeiter der ÖVP-Zentrale dem Koalitionspartner.

Nicht ganz ohne Hintergedanken: Wie sehr Haider nach verlorenen Landtagswahlen auf Bundesebene um sich schlagen kann, ist der ÖVP nur zu genau bekannt. "Es kommt sicher darauf an, wie sehr sich Haider im Wahlkampf engagieret", gibt sich Wiens ÖVP-Chef Johannes Hahn abwartend. Was nach allfälligen Wahlniederlagen passiert "ist eine Gleichung mit vielen Unbekannten".

"Drei Niederlagen hintereinander können natürlich die Regierung destabilisieren", gibt ein ÖVP-Grande zu. Hoffnungsfroher Zusatz: Der Koalitionspartner sei gegenüber Wahlverlusten abgehärtet. Das BZÖ starte von null - und könne schon den Einzug in Landtage als Erfolg verkaufen.

Aber auch für die ÖVP bedeutet die Wahl eine Zitterpartie: Vor allem wenn das "Katastrophenszenario" (Zeglovits) eintrete, dass die ÖVP nach Salzburg in der Steiermark den Landeshauptmannsessel verliere. Auf jeden Fall hat die steirische ÖVP von der vorigen Wahl einen großen Wahlerfolg zu verteidigen - und damit viel zu verlieren.

Offiziell versprüht die ÖVP freilich Optimismus: ",Wir arbeiten für Österreich' ist unsere Herbstaussage", meint ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka im STANDARD-Gespräch, "ganz im Gegensatz zur Michael Häupl, der lieber Wahlen vorverlegt." "Der Oktober wird der Monat der Ernte", ist auch Hahn überzeugt. "Wir konnten bislang bei allen regionalen Wahlen Zugewinne verzeichnen", argumentiert Lopatka.

Das gilt auch für die Grünen: Auch sie sind Seriensieger. Allzu zuversichtlich sollten sie aber nicht sein, meint Peter Ulram von Fessel/Gfk: "Sie fallen in der Steiermark derzeit nicht auf und werden von BZÖ, KPÖ und Gerhard Hirschmann verdrängt. Es würde mich nicht wundern, wenn da kein berauschendes Ergebnis herauskommt."

Wobei, assistiert Zeglovits, zu viel Zuversicht auch bei der SPÖ nicht angebracht sei. Auch für sie gebe es "Katastrophenszenarien": Etwa wenn sie in der Steiermark weit hinter der ÖVP liege. Oder wenn in Wien viele Stammwähler zu Hause blieben, weil alle vom Sieg ausgingen. Oder wenn im Burgenland eine schwarz-grüne Mehrheit zustande komme - und die SP wie in Oberösterreich trotz Stimmgewinnen einen Machtverlust hinnehmen müsse.

Das sind Spekulationen. Sicher ist nur eines: Für Kanzler Wolfgang Schüssel und SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer ist der Wahl-Oktober 2005 eine Aufwärmrunde. Für die Nationalratswahl im Herbst 2006 - in der nicht über Landeshauptmann-, sondern Kanzlersessel entschieden wird. Insofern sind die Landtagswahlen auch eine Gelegenheit, Themen für die Bundeswahl abzutesten.

Zufall oder nicht: die gesamte Mannschaft der schwarzen Parteizentrale befand sich am Freitag auf Strategieklausur, um die Ausrichtung für den Herbst zu planen. Für Gesprächsstoff war nach der Festlegung Häupls jedenfalls gesorgt. (Eva Linsinger/Barbara Tóth/DER STANDARD, Printausgabe, 21./22.5.2005)