Der undurchsichtige Dschungel Universität lichtet sich, wenn man versucht, ein Teil davon zu werden. Die angehenden Studentinnen Julia und Isabella erforschten das neue Lebensgefühl auch im Audimax der Uni Wien.

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Wien - Der Presslufthammer macht seine Sache gut. Nicht nur, dass er mit seinem Lärm jede verbale Kommunikation verhindert, zudem gelingt es ihm, die Ehrfurcht gebietenden universitären Steinplatten mit einer rutschigen Staubschicht zu bedecken. Der Arkadenhof bietet statt eines ruhigen Lernplatzes das Bild eines Schlachtfeldes - die Uni Wien ist im Umbau. Die rund 60.000 Studierenden sind vorübergehend dem Trubel einer Baustelle ausgesetzt.

Die Qual der Wahl haben sie aber hinter sich. Allein an der Wiener Hauptuniversität werden über 120 Studienmöglichkeiten angeboten, zwischen denen so mancher Maturant zweifelnd tendiert.

"Ich glaube, die meisten wissen die Richtung, in die sie gehen wollen, sind aber nicht fest entschlossen", meint Maturant Hamid Saffari (18) über seine Schicksalsgenossen. Hamid hat sich für Jus entschieden, die Infos dazu bekam er von Freunden. Für jene, die sich angesichts des enormen Angebots nicht entscheiden können, gibt es viele Möglichkeiten der Selbstfindung. Die unmittelbarste findet man direkt an der Uni.

Pointierte Auskunft

Schlägt man den Weg zu Stiege 9 im Arkadenhof ein, trifft man, nachdem man um ein paar Ecken gebogen ist, auf den "Student Point", der Studenten in allen Belangen berät. Die freundliche und kompetente Beratung widmet sich uns geduldig im persönlichen Gespräch, bietet aber auch Rat per Telefon und E-Mail. Auch ausländische Studierende fahren gut bei dieser Anlaufstelle, die etwa in Türkisch, Ungarisch, Bosnisch oder Kroatisch berät. Ausführlich bringt man uns die neue Struktur der Universität nahe - die Beraterin, selbst Studentin, erklärt die akademischen Grade. Je nach Studium gibt es seit der Einführung der neuen Studienpläne vor rund drei Jahren nämlich auch ein dreigliedriges System.

Das in Österreich junge Bakkalaureat wird als ein praxisorientiertes Studium verkauft, welches sechs Semester dauert und durch ein wissenschaftlich ausgerichtetes Magisterstudium (zwei bis vier Semester) ergänzt werden kann. Das Diplomstudium dient der wissenschaftlichen Berufsvorbereitung. Eine besondere Form stellt das Lehramt dar, wobei mindestens zwei Unterrichtsfächer gewählt werden müssen. Wer noch nicht genug hat vom Spannungsfeld zwischen hoher Wissenschaft und chaotischen Zuständen, kann in jedem Fall dann noch ein Doktorat anhängen.

Individueller Touch

Wer trotz allem nicht das Richtige findet, kann sich ganz nach Belieben ein individuelles Diplomstudium (IDS) aus dem gesamten Lehrprogramm der österreichischen Unis zusammenstellen - die Auswahl muss allerdings erst genehmigt werden.

Scheint der Dschungel an Beratungsstellen unübersichtlich (siehe Infokasten), ist es am besten, selbst einen Fuß in die Uni zu setzen, sich von den in Stein gemeißelten Köpfen berühmter Gelehrter wie Erwin Schrödinger bereichern zu lassen oder einfach eine der öffentlichen Vorlesungen zu besuchen. Zur Erfassung des studentischen Lebensgefühls empfiehlt es sich auch, ein Mittagessen in der Mensa einzuschieben, wie ein Menü mit Suppe und Nachtisch für 3,95 € oder Gemüselaibchen auf Blattsalat für 3,85 €.

Wer nach so viel Schlemmerei motiviert ist, sein Studium noch in Schulzeiten zu starten, kann sich als außerordentlicher Student zu dem üblichen Tarif von 378,22 € inskribieren und sogar Prüfungen ablegen, die nach der Matura für das ordentliche Studium anerkannt werden.

Dieser Uniausflug hat im Übrigen auch zu unserer eigenen Studienfindung beigetragen: Mathematik und Literaturwissenschaften haben ab Oktober zumindest jeweils eine Studentin mehr zu verzeichnen.

(Julia Grillmayr, Isabella Hager/DER STANDARD-Printausgabe, 24.5.2005)