Die schwarz-blaue Regierung hat ihr Pensionspaket auf den Tisch gelegt. Drei generelle Trends sind auffallend. Erstens: In manchen Punkten sind die Politiker noch radikaler vorgegangen als die Experten geraten haben. Zum Beispiel bei der Begrenzung von Witwen- und Waisenpensionen oder bei der sofortigen Anhebung des Frühpensionsalters, beginnend mit diesem Herbst. Zweitens: Der Glaubensschutz ist den neuen Regenten völlig egal: sie muten den Leuten, die jahrelang in dieses System eingezahlt haben, überfallsartige Änderungen zu, obwohl sie einschneidend sind. Drittens: Die jetzigen Pensionisten kommen mit einem blauen Auge davon. Entgegen der dringenden Ratschläge der Experten, auch dieser Gruppe ein Solidaritätsopfer abzuverlangen, ging schwarz-blau vor der Pensionistenlobby in die Knie. Aus Sicht der Frauen fällt insbesondere auf: es werden da und dort auch Erleichterungen in Aussicht gestellt, aber kein Mensch weiss, ob diese sich tatsächlich auch umsetzen lassen. Die geplanten Reformpunkte aus Frauensicht: Schrittweises Anheben des Frühpensionsalters auf 56,5 (Frauen) und 61,5 (Männer) Jahre, beginnend mit Oktober 2000: Trifft eher die Männer, weil Frauen oft gar nicht in Frühpension können, weil sie die nötigen Versicherungsjahre nicht zusammenbringen. Allen, die in Frühpension gehen, wird die Pension gekürzt, um maximal 15 Prozent, ein Leben lang. Ausnahmen: Nicht gekürzt wird sie bei Männern, die schon 45 Versicherungsjahre haben. Das neue Zuckerl für Frauen: Bei den Frauen genügen 40 Versicherungsjahre, dann können sie ohne Kürzungen in die vorzeitige Alterspension Von diesen Ausnahmen könnten theoretisch 500 Männer und rund 3000 Frauen profitieren. Theoretisch: Die große Frage ist aber, ob der Verfassungsgerichtshof diese Ungleichheit zwischen Mann und Frau akzeptiert und die Regelung nicht kippt. Grundsätzlich steht ohnehin in den Sternen, ob die Verfassungsrichter so eine überfallsartige Änderung des Frühpensionsalters schon ab Oktober überhaupt dulden Wegfall der vorzeitigen Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit Frauen mit 55 und Männer mit 57 konnten bisher in diese Art von Frühpension gehen, wenn sie so krank waren, dass sie ihren Beruf nicht mehr ausüben konnten. Insider meinen, es handle sich dabei um „Scheinpensionisten“ Das wird nun abgeschafft. Wer wirklich krank ist, kann in die Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension gehen. Als Invalide oder Berunfsunfähiger kann man/frau allerdings in verwandte Berufe vermittelt werden (bei geminderter Arbeitsfähigkeit war dagegen keine Vermittlung möglich) Der Wegfall der Frühpension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit trifft vor allem die Männer: und zwar die Bauern und Selbstständigen. Relativ viel Bauern und Selbstständige gingen auf diese Weise bisher in Frühpension. Auf die normale Frühpension müssen die Männer künftig 4,5 Jahre länger warten (bis sie 61,5 Jahre alt sind statt bisher 57), Frauen aber nur 1,5 Jahre länger ( bis sie 56,5 Jahre alt sind statt bisher 55) Witwenpensionen und Witwerpensionen Auf den ersten Blick klingt es brutal, dass schon ab Oktober sehr tief in die Witwen- und Witwerpensionen eingegriffen wird, obwohl das kaum Einsparungen bringen wird. Betroffen sind aber immer nur die zukünftigen Witwen und Witwer. Die Katze ist noch nicht ganz aus dem Sack, aber wichtige Änderungen zeichnen sich ab:
  • Wer selber eine gutes Einkommen (Pension, Verdienst) hat, bekommt keinen Groschen Hinterbliebenenpension mehr vom Ehegatten. Die Regierung wird auf Anraten der Experten sogar noch eine Obergrenze festlegen, damit sichergestellt wird, dass auch gut verdienende Beamte um die Hinterbliebenen-Pension umfallen.
  • Es wird mehr Witwer und Witwen als bisher geben, die nur mehr 20 Prozent der Pension ihrer verstorbenen Ehegatten bekommen (bisher bekamen sie in jedem Fall mindestens 40 Prozent)
  • Nur wer zusammen mit der Pension des Hinterbliebenen auf unter 20.000 S brutto kommt bleibt ungeschoren und kann weiterhin 60 Prozent der Pension des Verstorbenen bekommen.
Erklärtes Regierungsziel ist es, den „reichen Witwen“ das Leben zu versauern, obwohl es nachgewiesenerweise wenige davon gibt. In der Regel handelt es sich um Angehörige von Beamten. Denn nur die Beamten haben sehr hohe Pensionen. Auch die überlebende Seite eines Lehrerehepaares wird künftig finanziell draufzahlen. Einig sind sich die Experten darin, dass diese Regelung in Zukunft vor allem Männer treffen wird, da nun auch Frauen immer mehr verdienen. Einig sind sich die Fachleute auch darin, dass es wenige „überversorgte“ reiche Witwen gibt. Schließlich liegen die durchschnittlichen Pensionen der Witwen mit rund 15.000 S noch immer knapp unter der durchschnittlichen Männerpension von 18.000 S. Das von der Regierung angeschlagene Tempo ist selbst den Experten zu rasch. Professor Ulrich Runggaldier, der die Untergruppe für Hinterbliebenenpension moderierte, ist sich nicht völlig sicher, ob die Sache vor dem Verfassungsgericht halten wird. Die Experten haben – weil es doch ein großer Eingriff ins bisherige System ist – vorgeschlagen, erst im Jahr 2003 mit Änderungen zu beginnen. Doch die Regierung prescht vor und will nicht länger warten. Experte Karl Kreiter weist auf einen Widerspruch der Regierung hin: Den Hinterbliebenen will die Regierung künftig vorschreiben, was sie als Pensions-Obergrenze beziehen dürfen. Gleichzeitig will dieselbe Regierung aber durchsetzen, dass alle Alterspensionisten (Männer mit 65, Frauen mit 60) soviel dazuverdienen dürfen, wie sie wollen. Anrechnung der Kindererziehungszeiten Die Regierung hat zwar versprochen, Kindererziehungszeiten stärker als bisher für die Pension anzurechnen. Doch wie das gehen soll, darüber schweigen sich die schwarz-blauen Regenten noch aus. Ziemlich sicher dürfte sein, dass eine Frau – allein durch ihr Muttersein – sich keine eigenständige Pension sichern kann. Derzeit werden den Müttern zwar Kindererziehungszeiten angerechnet. Müttern, die nicht genügend Berufsjahre aufweisen können, nützt das aber gar nichts. Besserverdienende Mütter haben auch nichts davon, weil für die Höhe der Pension die 15 besten Jahre herangezogen werden und die Jahre zu Hause nur auf Basis der Ausgleichszulage (8300 S) berechnet werden.