Werbebeschränkungen für ungesunde zucker-, salz- und fetthaltige Lebensmittel in der EU rücken näher. Die EU-Gesundheitsminister einigten sich am Freitag bei ihrem Treffen in Luxemburg auf die Erstellung so genannter Nährwertprofile als Grundlage für gesundheits- oder nährwertbezogene Angaben auf Lebensmitteln. Aussagen wie "mit viel gesunder Milch" oder "light" bei ungesunden Schokoriegeln und Chips sollen dadurch verhindert werden.

Endgültig muss eine Einigung über die EU-Verordnung aber erst mit dem Europaparlament gefunden werden, dessen Abgeordnete sich mehrheitlich gegen die "Nährwertprofile" ausgesprochen haben, da dies zusätzliche Auflagen für die Nahrungsmittelindustrie bedeuten würde. Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (V) erklärte nach der Sitzung gegenüber der APA, nach dem von den Ministern beschossenen Kompromiss müssen gesundheits-- und nährwertbezogene Aussagen künftig von der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit bewilligt werden. "Es dürfen überhaupt keine irreführenden Angaben gemacht werden."

Nach Angaben von Rauch-Kallat sollen Lebensmittel künftig nach einem Farbsystem bewertet werden, das Auskunft über den jeweiligen Zucker-, Vitamin- oder Fettgehalt gibt. Diesen Kompromiss habe zuletzt Großbritannien vorgeschlagen, Österreich könne damit leben.

"Kompromiss mit Tücken"

Als "Kompromiss mit Tücken" bezeichnete die Arbeiterkammer (AK) die Einigung der EU-Gesundheitsminister zur Regelung von nährwert- und gesundheitsbezogener Lebensmittel-Werbung. Missbrauch werde Tür und Tor geöffnet, da ein strenges Zulassungsverfahren nicht vorgesehen sei. Die AK fordert Begleitmaßnahmen im heimischen Lebensmittelgesetz wie eine Meldepflicht der Unternehmer für gesundheitsbezogene Angaben und strengere Kontrollen der Werbeaussagen.

"Der ursprüngliche Vorschlag enthielt ein gänzliches Verbot von unkonkreten Wohlfühlaussagen, schlank machenden Slogans und Wirkungsangaben auf die Psyche oder das Verhalten", sagte AK-Ernährungsexpertin Petra Lehner. "Nun dürfen solche Aussagen verwendet werden, wenn sie auf allgemein anerkannten Erkenntnissen beruhen."

Die Konsumentenschützer hatten aber auch Grund zur Freude: "Dem Konzept der Nährwertprofile stimmten jetzt die EU-Minister zu", so Lehner, "das EU-Parlament hat es vor ein paar Wochen noch abgelehnt." Die Europäische Lebensmittelbehörde soll innerhalb von zwei Jahren definieren, wie ein Produkt zusammengesetzt sein muss, damit es als gesund beworben werden darf.

Ausnahmen

Allerdings seien auch hier Ausnahmen geplant. Unspezifische Slogans wie "verbessert das Wohlbefinden" oder "harmonisiert Körper, Geist und Seele" würden erlaubt, wenn sie mit einer konkreten Angabe verbunden werden und auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Das gelte auch für Schlankheitswerbung. "Die wissenschaftlichen Beweise muss der Hersteller bereithalten, falls die Lebensmittelaufsicht die Angaben überprüfen möchte", so Lehner, "eine Vorabkontrolle durch ein unabhängiges Gremium ist nicht vorgesehen." Inserate wie "Speck weg in 10 Tagen" seien so "grundsätzlich EU-weit erlaubt".

Drei Jahre nach In-Kraft-Treten der Verordnung werde die Kommission eine Liste "anerkannter" Gesundheitsangaben veröffentlichen. Nur für "neue" gesundheitsbezogene Angaben und Angaben zur Verringerung eines Krankheitsrisikos solle es ein Zulassungsverfahren geben.

SP-Maier für gesetzliche Begleitmaßnahmen Auch SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier spricht sich nach der Einigung der EU-Gesundheitsminister für gesetzliche Begleitmaßnahmen im österreichischen Lebensmittelgesetz aus. Weil "unkonkrete Wohlfühlaussagen" nicht verboten würden, müsse ÖVP-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (V) Schritte setzen: Maier ist für eine Meldepflicht von gesundheitsbezogenen Angaben der Unternehmen und eine strenge Kontrolle der Werbebotschaften. (APA)