Zwanzig Jahre habe es gebraucht, um das Zusatzprotokoll zur UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (Cedaw) zustande zu bringen. Jetzt gehe es darum, Druck auf die Regierungen zu machen, dieses Protokoll zu ratifizieren sowie zugleich das Wissen um dieses Instrument bei den Frauen zu verbessern und die Frauen zu ermutigen, davon Gebrauch zu machen, sagte die österreichische Diplomatin Aloisia Wörgetter am Freitag bei einer Frauenkonferenz im Wiener UN-Zentrum, die genau diesem Ziel diente. Wörgetter hatte selbst den Vorsitz in der für die Ausarbeitung des Protokolls zuständigen Arbeitsgruppe innerhalb der UN-Frauenstatuskommission in New York innegehabt. Während es der 1979 verabschiedeten Cedaw an Durchsetzungsmechanismen ermangelte, wird mit dem im Dezember des Vorjahres zur Unterzeichnung aufgelegten Protokoll nun erstmals ein Individualbeschwerdeverfahren ermöglicht. Jede Frau, die sich in ihren von der Konvention eingeräumten Rechten verletzt fühlt und die innerstaatlichen Instanzen ausgeschöpft hat, kann sich an das zuständige UN-Komitee wenden. In Fällen schwerer und systematischer Konventionsverletzungen kann das aus 23 unabhängigen Expertinnen bestehende Cedaw-Komitee nun dank des Protokolls von sich aus ein Untersuchungsverfahren einleiten - soferne sich ein Staat bei der Ratifizierung des Protokolls nicht von diesem Verfahren ausnimmt. “Eine Reihe von Ländern wollte bei den Verhandlungen diesem Untersuchungsverfahren nicht zustimmen”, erklärte die österreichische Völkerrechtsexpertin Lilly Sucharipa. Um auf jeden Fall das Individualbeschwerderecht einführen zu können, habe man also die Ausnahmeklausel akzeptiert. Beispiele Als Beispiele, wo Frauen dieses Recht in Anspruch nehmen können, nannte Wörgetter Beschwerden
  • gegen Gesetze und Bestimmungen, die Frauen oder bestimmte Gruppen von Frauen diskriminieren;
  • über die Nichteinhaltung der von der Konvention geforderten Frauenfördermaßnahmen bis zur Erreichung einer de facto-Gleichstellung
  • über Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zuungunsten von Frauen
  • über Diskriminierung am Arbeitsplatz, im Gesundheits- oder Bildungswesen.
Die Verfassungsrechtsexpertin Anna Sporrer hob ins besondere auch Gewalt gegen Frauen sowie Frauenhandel als Bereiche hervor, wo die Verletzung von Individualrechten “sehr leicht festzustellen” und das Beschwerderecht besonders relevant sei. Zunächst muss das Protokoll freilich in Kraft treten. Drei Monate nach Hinterlegung der zehnten Ratifikationsurkunde beim UN-Generalsekretär wird dies der Fall sein. Die Teilnehmerinnen der Konferenz wollen nun dafür eintreten, dass Österreich trotz des Regierungswechsels das Protokoll bald ratifizieren wird. Und dann geht es darum, immer mehr Frauen und auch die VertreterInnen der Justiz zu informieren: Denn die Kenntnis von Menschenrechtsdokumenten lasse allgemein zu wünschen übrig. Brigitte Voykowitsch (Weitere Informationen werden in dieStandard.at folgen.)