Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA/P. Brunner/wl
Wien - Mit fast 275.000 Jobsuchenden und einer Arbeitslosenquote von 7,8 Prozent hat die Arbeitslosigkeit in Österreich einen neuen traurigen Nachkriegsrekord verzeichnet. Geschönt wird die offizielle Arbeitslosenstatistik mit monatlich steigenden Schulungsteilnehmern, die nicht in der offiziellen Arbeitsmarktstatistik aufscheinen, aber ebenfalls einen Job suchen.

Im Mai 2005 waren 223.352 Personen offiziell arbeitslos gemeldet, dazu kamen 51.567 Schulungsteilnehmer, das waren mehr als doppelt soviel wie im Krisenjahr 1998 wo 21.868 Schulungsteilnehmer gezählt wurden.

Die Zahl der Schulungen ist seit 2000 kontinuierlich angestiegen. Wurden damals im Jahresschnitt bei 194.314 offiziell gemeldeten Arbeitslosen zusätzlich 28.585 Jobsuchende auf Schulung geschickt, waren es 2004 bereits 42.645 Betroffene. Seit Jahresbeginn 2005 nahm die Zahl der Schulungen deutlich zu und lag seit Februar jeweils über 51.000 Betroffene.

SPÖ wirft ÖVP Verschleierungstaktik vor

Der Regierung wirft SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures vor, dass sie alles versuche, um das wahre Ausmaß der Arbeitslosigkeit zu verschleiern und leider nichts tue, um wirksam gegen die ungebremst steigende Arbeitslosigkeit vorzugehen.

Besonders besorgniserregend sei der fast 10-prozentige Anstieg bei der Jugendarbeitslosigkeit. Derzeit seien 54.900 Jugendliche im Alter von 15 bis 24 Jahre arbeitslos, davon sind 19.000 in Schulung. Gegenüber dem Jahr 2000 sei die Jugendarbeitslosigkeit um 75 Prozent von 31.515 auf jetzt 54.900 gestiegen.

Wien ist anders

Auch in Wien geht die Debatte um Schulungsmaßnahmen für Arbeitslose weiter - wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen. Denn auch im vergangenen Mai ist die Zahl der Personen, die solche Kursen besuchen, gestiegen. Gleichzeitig wurde ein Rückgang der Arbeitslosigkeit vermeldet.

Die Statistik sei "geschönt" worden, kritisierte daraufhin die Wiener ÖVP - die bereits Anfang der Woche von "kosmetischen Maßnahmen" im Zusammenhang mit dem Wiener Arbeitsmarkt gesprochen hatte.

In Wien ist die Arbeitslosigkeit laut Arbeitsmarktservice (AMS) im Mai 2005 gesunken, und zwar um 2,1 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres. Zu Monatsende waren 76.704 Personen arbeitslos gemeldet, um 1.662 weniger als im Mai 2004. Stark gestiegen ist allerdings die Zahl der Personen in Schulungen, die dadurch nicht als arbeitslos aufscheinen.

19.025 Personen in Schulungen

Insgesamt befanden sich Ende Mai 19.025 Personen in Kursen. Das sind um 5.409 oder 39,7 Prozent mehr als Ende Mai des Vorjahres.

"Zum zehnten Mal in Serie wurden die Wiener Arbeitslosenzahlen durch massive Aufstockung der Schulungsmaßnahmen geschönt. Ein kleines Jubiläum, aber für alle Wienerinnen und Wiener, die arbeitslos sind, leider kein Grund zu feiern", meinte VP-Landesgeschäftsführer Norbert Walter nach Veröffentlichung der Zahlen.

Der Zuwachs an Schulungen sei in Wien bei knapp 40 Prozent gelegen, außerhalb der Bundeshauptstadt lediglich bei 12,2 Prozent. Hätten sich die Schulungszahlen im selben Ausmaß entwickelt wie in allen anderen Bundesländern, wäre die Arbeitslosenrate in Wien nicht um 2,1 Prozent gesunken, sondern um 2,7 Prozent gestiegen, so Walter.

Wiener SPÖ weist Kritik zurück

Wiens SP-Klubchef Christian Oxonitsch wies die Kritik zurück: "Der seit Monaten anhaltende Rückgang der Zahl der Arbeitssuchenden in Wien zeigt, wie wichtig die Maßnahmen der Stadt für den Arbeitsmarkt sind." Das schlechte Abschneiden Gesamt-Österreichs lasse sich nicht "wegdiskutieren".

Das Thema Arbeitsmarkt sei grundsätzlich Bundesangelegenheit, die anhaltende Untätigkeit der Bundesregierung in diesem Bereich habe Wien aber zum Handeln gezwungen, meinte Oxonitsch. Wien stellt demnach für Maßnahmen zur Förderung des Arbeitsmarktes im Jahr 2005 mehr als 52 Mio. Euro zur Verfügung.

Wiens BZÖ-Klubchef Günther Barnet hat die Debatte am Donnerstag als "peinliches Scheingefecht" bezeichnet. Sowohl Wien als auch der Bund seien für die Situation verantwortlich. Barnet forderte eine Privatisierung der Arbeitsmarktvermittlung. (APA)