Wien - Die Menschenrechte allgemein, im Besonderen die Rechte
von Frauen und von Minderheiten, standen im Mittelpunkt eines
Gesprächs, das die Obfrau des Ausschusses für Menschenrechte,
Abgeordnete Terezija Stoisits, am Montag im Parlament mit der polnischen
Sozialministerin und Vizepremierministerin, Izabela Jaruga-Nowacka, geführt
hat. In dem Gespräch wurden Ähnlichkeiten in den Problemstellungen
und politischen Lösungsansätzen zwischen den beiden Ländern deutlich,
aber auch Unterschiede als Folge der unterschiedlichen Geschichte.
Die beiden Politikerinnen sprachen sich für eine Fortsetzung und
Vertiefung der Kontakte auf der Ebene der nationalen Parlamente aus.
Beginn der Diskussion über Menschenrechte
In Polen habe die Diskussion über manche Rechte erst mit der Wende
von 1989 begonnen, führte Ministerin Jaruga-Nowacka aus, etwa über
die Fragen von Frauenrechten und Abtreibung. Im Kampf gegen
Diskriminierung und für Gleichberechtigung gebe es in Polen zwar
Fortschritte auf der Ebene der Gesetzgebung, doch fehlten oft
wirksame Mechanismen der Durchsetzung. Rund ein Fünftel der
polnischen Volksvertretung seien Frauen, sie selbst aber sei die
einzige Frau in der Regierung, sagte die Ministerin. In den letzten
15 Jahren sei es aber gelungen, eine Zivilgesellschaft aufzubauen.
Der Fortschritt brauche aber auch die Hilfe von außen.
Haftstrafen auf Abtreibung
Abtreibung sei in Polen mit 3 bzw. 5 Jahren Gefängnis für die Frau
bzw. die ÄrztIn bedroht. Es fehle an
Aufklärung und am Wissen über Verhütungsmittel, zumal Abtreibung im
kommunistischen Polen das Mittel der Geburtenregelung gewesen sei, erläuterte die Sozialministerin ihre Ansicht.
Die Praxis sei, auch durch den Einfluss der katholischen Kirche,
vielfach noch restriktiver als die Gesetze, zum Teil infolge der
Befürchtungen bezüglich der Reaktion der Kirche. Positiv wertete die
polnische Vizepremierministerin eine Gesetzesvorlage gegen Gewalt in
der Familie, die in Zusammenarbeit mit Österreich erarbeitet wurde.
Und seit einem Monat gebe es auch einen Ausschuss für
Gleichbehandlung.
Abtreibung nie als Geburtenkontrolle eingesetzt
Das Thema Abtreibung sei in Österreich vor 30 Jahren auf eine Weise
gelöst worden, dass heute niemand ernsthaft darüber eine politische
Diskussion wolle, wie sich auch beim Österreich-Konvent gezeigt habe,
führte Abgeordnete Terezija Stoisits aus. Anders als in Polen sei in
Österreich Abtreibung aber auch nie Methode der Geburtenkontrolle
gewesen. Problematisch sei die in der Debatte oft hergestellte
Verknüpfung des Themas Abtreibung mit dem Thema Sexualmoral, das
"bringt niemand weiter", meinte die Grünpolitikerin. Das
österreichische Gesetz zum Schutz vor Gewalt sei vielfach als
vorbildhaft empfunden worden; allein schon durch die öffentliche
Diskussion über dieses Thema und die damit verbundene Steigerung der
öffentlichen Sensibilität sei die Realität verändert worden. Auf
Nachfrage von Ministerin Jaruga-Nowacka erläuterte Stoisits eingehend
die Gesetzgebung zum Thema bzw. den EU-Vorgaben zur
Antidiskriminierung sowie die institutionellen Hilfen zum Thema
Gleichbehandlung. (red)