Der Form Angebende bei Lamborghini: Luc Donckerwolke ...

Foto: Lamborghini

... und der "Murciélago Roadster"

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Donckerwolke ist Chefdesigner bei Lamborghini, zuvor hat er auch Massenautos wie den Skoda Octavia entworfen. Mit dem Stardesigner sprach Michael V�lker

STANDARD: Macht es f�r Sie einen Unterschied, ob Sie einen Skoda oder einen Lamborghini entwerfen?

Luc Donckerwolke: W�hrend des Entstehungsprozesses gibt es eigentlich keinen Unterschied. Danach schon. Wenn das Auto auf der Stra�e steht, kommt ein anderes Gef�hl. Bei einem Lamborghini hat man ein Objekt f�r sehr wenige Leute ma�geschneidert. Eigentlich hat man das mehr f�r die Zuschauer als f�r die Kunden gemacht. Der wesentliche Unterschied ist, dass man einen gr��eren Druck hat, wenn man einen Supersportwagen baut. Es gibt kein Pardon f�r mangelnde Emotion.

Bei einem Auto wie einem Skoda Fabia hat man so viele andere Parameter, die man bedenken muss, Ladekante, Einstiegsh�he und so weiter. Man muss so ein Auto nach einem viel breiteren Spektrum von Nutzung gestalten. Es gibt immer tausend Gr�nde, warum dieses Auto vom Design her vielleicht nicht so emotional und �sthetisch aufregend ist. Aber das Auto kann trotzdem durch andere Parameter extrem erfolgreich sein: Preis, Positionierung auf dem Markt und so weiter. Bei einem Supersportwagen wie Lamborghini gibt es so etwas nicht. Der einzige rationale Grund, dieses Auto zu kaufen, ist, dass es keinen gibt. Es gibt nur die Emotion. Wenn man das als Designer nicht geschafft hat, hat man alles falsch gemacht.

STANDARD: Sie waren vorher bei Skoda und Audi, wie haben Sie sich bei Lamborghini zurechtgefunden?

Donckerwolke: Ich habe zuerst einmal gelernt, dass ein Designer bei Lamborghini nicht die Hauptrolle spielt.

STANDARD: Wer spielt die Hauptrolle?

Donckerwolke: Die Motoristen. Und die Leute, die das Chassis entwickeln. Das hat man mir am ersten Tag beigebracht: "Du machst das engine-cover. We make the engine, you make the dress." Das Design war nur dazu da, um den Motor, die Leistung zu verkleiden. Ich war schockiert, habe mir aber gedacht, dass das an der anderen Mentalit�t liegt. Die Emilia-Romagna, wo Lamborghini zu Hause ist, ist kein Design-Land, das ist Turin. Ich bin als Designer zu Lamborghini gekommen und habe mich wie in einem Traum gef�hlt. Am ersten Tag habe ich gleich eine kalte Dusche bekommen.

STANDARD: Hat sich das bis heute ge�ndert?

Donckerwolke: Es hat sich stark ge�ndert. Es hat ja vorher keinen Designer gegeben. Ich war wie ein Au�erirdischer, der hier gelandet ist. Genauso, wie ich damals als Designer bei Audi Sport gearbeitet habe - ich war das f�nfte Rad am Wagen. Das hat man nicht unbedingt gebraucht, aber es war okay, wir tolerieren ihn, aber man muss aufpassen, dass er nicht zu viel Chaos macht. Man war auf der Suche nach extremen Ergebnissen, ein Designer ist ein Problem mehr, mit dem man umgehen muss. Das bedeutet nur noch mehr Schwierigkeiten.

STANDARD: Wie haben Sie sich durchsetzen k�nnen?

Donckerwolke: Ich habe sie entlastet, weil ich die Verantwortung �bernommen habe f�r alles, was man am Auto sieht, was man sp�rt, was man f�hlt. Das war und ist immer noch schwierig. Aber ich habe hier auch eine Position, die in der Automobilwelt relativ neu ist. Ich unterstehe nicht der technischen Entwicklung, ich unterstehe dem Pr�sidenten. Das ist eine gro�e Verantwortung und erlaubt mir auch mehr Freiheit. Mein Budget wird mit dem Pr�sidenten und nicht mit der technischen Entwicklung verhandelt.

STANDARD: Wie sind Sie mit dem Erbe von Lamborghini umgegangen? Sie waren mit Extremmodellen wie dem Diablo oder dem Countach konfrontiert.

Donckerwolke: Ich habe vom Miura getr�umt, ein Modell, das ich immer in Erinnerung haben werde. Ich wollte dieses Modell unbedingt haben. Ich w�re der gl�cklichste Mensch, wenn ich dieses Modell noch finden w�rde. Ich habe den Miura geliebt, ich habe den Countach geliebt, besonders die erste Version. Der Diablo war f�r mich nicht mehr in der Tradition der Berlinetta sportiva, also ein kompakter Sportwagen, der ein enges Kleid �ber dem Motor hatte.

Ich wollte als Designer nicht unbedingt eine eigene �ra pr�gen, ich habe zu viel Respekt vor dem, was vorher gemacht wurde. Ich wollte einen neuen Lamborghini machen, der sich sehr stark an der Tradition von Lamborghini orientiert. Man findet beim Gallardo Linien, die es auch beim Miura gab. Man findet Formen, Volumen, die sich sehr stark an die Erotik des Miura anlehnen. Ich wollte eine Verbindung zu den fantastischen Zeiten von Lamborghini schaffen, als Ferruccio Lamborghini noch in der Firma war, also von 1963 bis 1974. STANDARD: Welches Auto fahren Sie eigentlich pers�nlich? Donckerwolke: Ich fahre als Dienstwagen einen A6 und einen TT. Privat habe ich einen Lamborghini Espada. STANDARD : Welches Auto h�tten Sie gerne? Donckerwolke: Einen Miura. STANDARD: Was ist Ihr Lieblingsauto in der Geschichte? Donckerwolke: Der Porsche 911 und der Miura. Ich habe immer bewundert, was Porsche gemacht hat. Dieses Auto gilt heute noch immer als der absolute Sportwagen. Und den Lamborghini Miura f�r diese Mischung aus Gentlemandriver, Countryside, zusammengemischt mit Erotik und Kraft. Der Miura beweist, dass man ein Machoauto mit extrem viel Erotik bauen kann. STANDARD: Was w�rden Sie selbst am liebsten bauen? Donckerwolke: Wir haben extreme Sportwagen. Es w�re nicht schlecht, ein extremes Reisemittel f�r Familien und Gesch�ftsleute zu haben. Eine Art erster familiengerechter Lamborghini f�r lange Reisen. Das ist f�r mich der private Lear-Jet auf der Stra�e. Luc Donckerwolke wurde in Lima (Peru) geboren, er ist belgischer Staatsb�rger, im Juni wird er 40. Zur Schule ging er in verschiedenen s�damerikanischen und afrikanischen L�ndern. Danach studierte er Industrial Engineering in Br�ssel und Transportation Design in Vevey in der Schweiz. Seine Karriere als Designer begann Donckerwolke 1990 bei Peugeot. Zwei Jahre sp�ter wechselte er nach Ingolstadt zu Audi Design. Von 1994 bis 1996 war er im Skoda Design Center Mlad� Boleslav (Tschechien) t�tig. 1996 kehrte er zu Audi zur�ck und war f�r jeweils ein Jahr in M�nchen und in Ingolstadt mit der Konzeptentwicklung bei Audi Design betraut. (DER STANDARD, rondo/10/06/2005)