Wien - Seit Jahresbeginn verliert die Konjunktur mehr und mehr an Fahrt. "Positive Impulse vom Export, die das Wachstum im vergangenen Jahr trugen, fallen weg, die Konsumnachfrage der privaten Haushalte lässt die erhoffte Erholung nicht erkennen", analysiert das Wifo in seinem neuesten Monatsbericht (Juni).

Das Geschäftsklima in der Industrie sieht das Wirtschaftsforschungsinstitut eingetrübt, allerdings weniger stark als im Euro-Raum. Nur Tourismus und Bauwirtschaft melden eine Verbesserung. Die Inflationsrate sinkt auf Grund hoher Energiepreise und hausgemachter Faktoren kaum, und die Arbeitslosigkeit steigt weiter.

Im 1. Quartal lag der Warenexport nominell nur mehr um 2 1/2 Prozent über dem Niveau des Vorjahres, nach vorläufigen Daten ergab sich im März sogar ein leichter Rückgang.

Schwächelnder Euro-Raum

Das Wifo verweist dabei auf die ungünstige Wirtschaftslage im Euro-Raum, in dem mehr als die Hälfte der heimischen Exporte abgesetzt werden. So hatte etwa die Rezession in Italien im ersten Vierteljahr eine Verringerung der Nachfrage nach österreichischen Gütern zur Folge.

In den zehn neuen EU-Mitgliedsländern - ihr Anteil an der gesamten österreichischen Ausfuhr beträgt knapp 13 Prozent - wurde laut Wifo um 2 1/4 Prozent mehr abgesetzt als im Vorjahr. Doch auch hier seien Einbußen festzustellen (etwa in Ungarn). Nur die Nachfrage aus den Hoffnungsmärkten in Südosteuropa und aus den Erdöl produzierenden Ländern wächst kräftig.

"Die Export-Abschwächung schlägt sich mit Verzögerung auch in der Industrieproduktion nieder", hält das Wifo im neuesten Monatsbericht weiter fest. Im 1. Quartal lag der arbeitstägig bereinigte Produktionsindex in der Sachgütererzeugung noch um 5 Prozent über dem Niveau des Vorjahres (März: +3,3 Prozent). Saisonbereinigt geht die Produktion aber gegenüber dem jeweiligen Vormonat seit Herbst 2004 zurück.

Verschlechterte Auftragslage

Im Wifo-Konjunkturtest melden die Unternehmen seither eine deutliche Verschlechterung der Auftragseingänge aus dem Ausland, allerdings verbesserte sich die Beurteilung im Mai wieder leicht. Die Produktionserwartungen für die kommenden Monate sind stabil, längerfristig wird die Geschäftslage aber ungünstig beurteilt.

Keine Tendenz zur Erholung ortet das Wifo für die Binnennachfrage in Österreich. Die Ausrüstungsinvestitionen dürften zu Jahresbeginn kaum gestiegen sein. Darauf weist neben den Ergebnissen des Wifo-Investitionstests auch der Rückgang der Importe von Maschinen und Fahrzeugen hin (1. Quartal nominell: -7 1/4 Prozent). Die ungünstige Entwicklung von Außenhandel und Investitionen dämpft den Großhandel.

Die Bilanz für den Einzelhandel, die das Wifo nach dem 1. Quartal zieht, fällt enttäuschend aus: Der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr betrug real nur 1 Prozent, bereinigt um die Effekte des frühen Oster-Termins ergibt sich eine Stagnation (+ 1/4 Prozent).

Konsumnachfrage leicht gestiegen

Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte nahm im 1. Quartal gegenüber dem Vorjahr real um nur 0,7 Prozent zu. Wie das Wifo dazu anmerkt, hätten bisher niedrige Lohnsteigerungen und die hohe Inflationsrate die positiven Einkommenseffekte der Steuerreform ausgeglichen. Die Auswirkungen der Steuerreform könnten im zweiten Halbjahr etwas spürbarer werden.

Für den lebhaften Preisauftrieb - von Jänner bis April lag die Inflationsrate durchschnittlich bei 2,8 Prozent - macht das Wifo auch hausgemachte Faktoren verantwortlich: die Anhebung der Tabaksteuer und die Anhebung von Eigenleistungen im Gesundheitsbereich. Der starke Anstieg des Mietaufwands könnte sich allerdings als überschätzt erweisen.

Günstiger verlief die Entwicklung im Reiseverkehr und in der Bauwirtschaft. Laut Wifo hat die Tourismuswirtschaft in der Wintersaison 2004/05 um gut 4 Prozent mehr umgesetzt als ein Jahr zuvor. Während die Zahl der Nächtigungen von Gästen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz zurückging, stieg die der Briten, Belgier und Franzosen merklich.

"Die Zunahme der Nachfrage nach Wohnungen auf Grund der regen Zuwanderung sowie verstärkte Renovierungsanstrengungen im öffentlichen Bereich bewirken eine Belebung des Hochbaus", so das Wifo weiter. Für den Tiefbau hingegen erwarten die Wirtschaftsforscher nach der starken Ausweitung der Infrastrukturinvestitionen in den vergangenen Jahren nur noch geringe Zuwächse.

Zahl der Beschäftigten rückläufig

Trotz der insgesamt günstigen Baukonjunktur geht die Zahl der Beschäftigten noch immer zurück (Jänner bis April: -3.000 gegenüber dem Vorjahr). Auch in der Sachgütererzeugung ist die Beschäftigung rückläufig (-11.500).

Kräftig hingegen steigt die Beschäftigung von Frauen im Dienstleistungssektor. Überwiegend dürften dies Teilzeitstellen sein, vermutet das Wifo.

Obwohl die Zahl der unselbstständig aktiv Beschäftigten im Mai um 32.000 Personen über dem Vorjahr lag, erhöhte sich die Arbeitslosigkeit beträchtlich.

"Die Zahl der Arbeitslosen hat seit Jänner 2001 steigende Tendenz", so das Wifo. Beim Arbeitsmarktservice (AMS) waren im Mai um 8.000 Personen mehr arbeitslos gemeldet als im Vorjahr, außerdem nahmen 9.000 Personen an Schulungen teil. (APA)