Wien - Mit einer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH), die diesen Freitag eingebracht wird, will die SPÖ nun die Änderungen des Pensionskassengesetzes der Jahre 2003 und 2005 rückgängig machen. Mit den beiden Gesetzesnovellen sei es zu einer "Enteignung" von rund 400.000 Pensionskassen-Kunden gekommen, sagte SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter am Donnerstag in einer Pressekonferenz.

Die Änderungen der Mindestverzinsung seien ausschließlich zu Lasten der Anwartschafts- und Leistungsberechtigten erfolgt und nicht zu Lasten der Eigentümer der Pensionskassen (Banken und Versicherungen).

Mindestzinsatz "de facto" abgeschafft

Mit der Schaffung der Pensionskassen im Jahr 1990 sei als Kapitalgarantie eine Mindestverzinsung von 1,5 Prozent durchgerechnet über fünf Jahre eingeführt worden. Durch die schlechte Börsensituation ab dem Jahr 2000 hätten die Eigentümer der Kassen nach "worst case"-Berechnungen 400 Mio. Euro nachschießen müssen. Realistisch seien 100 bis 200 Mio. Euro. Mit der Gesetzesänderung 2003 sei der Mindestzinssatz "de facto" abgeschafft worden, "die Leute zahlen sich ihre Garantie selbst", so Matznetter. Den Menschen sei letztlich Lohn und Gehalt in Form von Pensionsansprüchen weggenommen worden.

Matznetter zog einen Vergleich mit einem Sparbuch: Ein Bank könne dabei auch nicht sagen, es hätten zu viele Leute abgeschlossen, nun müsse die ursprünglich für eine bestimmte Zeit vereinbarte Verzinsung gesenkt werden.

Schaden für Finanzstandort

Die Gesetzesnovellen stellten auch einen Schaden für den Finanzstandort Österreich dar. Es stelle sich die auch die Frage, wieweit Anleger Garantieprodukten, wie etwa auch der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge, noch vertrauen könnten. Man wolle mit den Gang zum VfGH auch verhindern, dass bei anderen Produkten Garantien im Nachhinein gestrichen werden, meinte SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier.

Konkret geht es bei der Beschwerde um die Unverletztlichkeit des Eigentums (Artikel 5 StGG) und auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Artikel 7 B-VG. Es habe kein öffentliches Interesse an an der Beseitigung des Mindestertrags gegeben, sondern lediglich ein deutlich in die Öffentlichkeit getragenes Sonderinteresse der Pensionskassen und ihrer Eigentümer, heißt es es in der Beschwerde. Auch habe zu keinem Zeitpunkt die Gefahr eine Insolvenz einer österreichischen Pensionskasse bestanden. Nur eine derartige Gefahr hätte es im Allgemeininteresse gerechtfertigt, die Verpflichtungen der Pensionskassen gegenüber den Berechtigten zu suspendieren.

Lange Dauer

Man hoffe nun auf ein positives Ergebnis beim VfGH. Es werde mit einer Dauer des Verfahrens von "nicht unter einem Jahr" gerechnet, so Matznetter.

Kritisiert wurde in der heutigen Pressekonfernz auch die ungenügende Transparenz und Informationspolitik der Pensionskassen. Generell erwarte man eine große Reform in Bezug auf mehr Transparenz bei Finanzdienstleistungen. Sollte von der Regierung keine Initiative kommen, werde die SPÖ eigene Anträge stellen.

Für den Vorsitzenden des Schutzverbandes der Pensionskassenberichtigten, Karl Pour, ist die VfGH-Beschwerde der SPÖ als Unterstützung für die Anliegen der von bis zu 25-prozentigen Kürzungen betroffenen Pensionisten "Weihnachten, Ostern und Pfingsten zugleich". Der "unheilvollen Allianz" der Pensionskassen und ihrer Aktionäre sei es gelungen, zwei Gesetzesnovellen gegen die Anwartschafts- und Leistungsberechtigten der Pensionskassen zu erreichen. Die durchschnittliche Zahlung der Pensionskassen liege derzeit bei rund 500 Euro im Monat. In den vergangenen Jahren hätten Kürzungen in Einzelfällen von bis zu 25 Prozent hingenommen werden müssen. (APA)