Foto: Warner
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Dennoch: Auf dem Weg zu wirklich großem Kino steht ihm ein Budget von 150 Millionen Dollar und ein Übermaß an "intelligenten" Querverweisen spürbar im Weg.


Ein junger Mann, der etwas diffusen Idealen und Vorstellungen von Vaterfiguren nachhängt. Ein Zweifler, der an die Rolle(n), die man ihm zuweist, nicht wirklich glaubt, sich also umso deftigere Images und Durchsetzungsmethoden zulegt. Ein Systemkritiker, der weiß, dass er gerade mit seiner Vorgangsweise das System teilweise unterstützt:

Man mag an den jungen Al Pacino in Francis Ford Coppolas Paten-Trilogie denken, wenn man Christian Bale als Multimillionär und düsteren Rächer Bruce Wayne in Batman Begins sieht. Durchaus verwandt sind die beiden in einer Verzweiflung und Erfrorenheit, aus der heraus sie zumindest für ihre Gegner und Freunde gleichermaßen albtraumhafte Züge annehmen. Und wenn Der Pate mit Mario Puzos Bestseller eine reißerische Vorlage zu mythischer Epik erhöhte, so verfährt Batman Begins durchaus ähnlich.

Selten zuvor stellte eine Comic-Adaption im Kino derart dezidiert Querverbindungen her zwischen einem realen sozialen und ökonomischen Druck einerseits und überhöhten Posen und Logos andererseits, mit denen die Gesellschaft auf diesen Druck "antwortet" und ihn in weiterer Folge sogar steigert. Bruce Wayne argumentiert wie ein Medientycoon, wenn er zu seinem Butler (Michael Caine) sagt: Den Kampf gegen die grassierende Gewalt in der Metropole Gotham City könne er wohl bestenfalls als starkes Symbol aufnehmen.

Die darauf folgenden Sequenzen, in denen der zukünftige Batman sein Kostüm, seine Waffen und sein Icon entwickelt, als wäre er ein Markendesigner – sie spielen bereits darauf an, dass hier einer gewissermaßen die Urheber von Missständen mit ihren eigenen Waffen zu schlagen versucht. Geradezu grandios ist die Pointe, die Batman endgültig als dunklen Ritter etabliert: Seine hypnotische Strahlkraft vor der Zivilbevölkerung entwickelt er nämlich nicht zuletzt aufgrund einer fiesen Waffe finsterer, global denkender Usurpatoren.

Vergiftete Gehirne

Ein Giftgas versetzt friedliche Bürger in Paranoia. Sie projizieren in jedes Gegenüber ihre schlimmsten Ängste, beginnen in alle Richtungen um sich zu schlagen. Und in eben ihren verwirrten Gemütern erscheint auch der Retter der Gerechtigkeit als übermächtiger Schemen. Als Naturgewalt, bei der man zerstörerische Nebenwirkungen (Hetzjagd mit Panzergefährt auf der Stadtautobahn, zerstörte Hochbahnen) quasi gottgegeben in Kauf nehmen muss.

Sieht man Batman Begins nun noch vor dem Hintergrund eines Endes als Neubeginn zwischen glosenden Ruinen, als Auftakt eines sehr persönlich geführten "War against Terror" – dann ist man durchaus versucht zu behaupten, hier sei ein Budget von 150 Millionen Dollar in eine kritische Bestandsaufnahme der USA nach 9/11 investiert worden. Ähnlich wie übrigens seinerzeit Der Pate zuerst recht schematisch Verstrickungen von privaten (Clan-)‑ Interessen und Politik stilisierte, um letztlich im zweiten Teil sehr konkret die Kuba-Krise zu streifen.

Batman Begins. Aber ist nicht auch dieser Beginn nur Bestandteil einer düsteren Endlosschleife – auch vor dem Hintergrund, dass er den mittlerweile fünften Teil einer von Warner Bros. produzierten Erfolgsserie mit beständig wechselnden Inszenierungen bildet? Die Frage, ob denn nicht immer schon alles da gewesen sei und letztlich nur eine Kette fataler Enden/Anfänge bilde – sie gehört zum Grundinventar klassischer Tragödien. An diesem Punkt differieren aber die Zugangsweisen eines traditionsbewussten Intuitionskünstlers wie Coppola und eines gebildeten, cleveren Konzeptualisten wie dem jüngsten Batman-Regisseur Christopher Nolan beträchtlich.

Feine Unterschiede

Dort nämlich, wo Coppola seinerzeit noch in Ahnungsbereiche vordrang, in denen sein Stoff Vielstimmigkeit und Ambivalenz gewann, gibt sich Nolan, der einst mit Memento dafür berühmt wurde, einen Thriller von hinten nach vorn erzählen zu können, bestenfalls total informiert.

Er kennt sich aus in der Geschichte der Popkultur, hat also selbstverständlich auch die bereits vor gut 15 Jahren entstandenen verwaschenen Bilder eines Bill Sienkiewicz gesehen. Er hat seine Lektionen in Großstadt-Architektur ebenso gut gelernt, wie er seinen Freud studiert hat. Er nähert sich seinem Batman mit den Bedürfnissen eines krampfhaft "zeitgenössischen" Ring-Regisseurs: Wenn eh schon alles immer wieder erzählt wurde, dann soll jetzt bitte auch alles hinein.

Und darüber fällt alles auseinander. Aber nicht auf eine produktive Weise, die gerade den Rissen und Brüchen etwas abgewinnt – was bei einem 150-Millionen-Dollar-Budget mit entsprechenden Publikumserwartungen wohl auch kein Produzent zulassen würde. Zumindest heute nicht. Beziehungsweise: Früher machte man ja auch keine Filme um 150 Millionen Dollar. Also wird jetzt, wenn Nolan phasenweise auf große Spezialeffekte verzichtet, ein Opernsoundtrack von gleich zwei Großkomponisten (Hans Zimmer und James Newton Howard) darübergenudelt, bis der Film phasenweise wie ein einziger Riesenvorspann wirkt. Und am Ende natürlich doch wieder: Eine Explosion jagt die andere. Hörsturz.

Trotzdem: ein interessant gescheitertes Unterfangen. Und Christian Bale ist vielleicht der erste Kino-Batman, der beide Seiten des Helden – die zivile und die maskierte – gleichermaßen überzeugend verkörpert. Dass er früher einmal den American Psycho Patrick Bateman gespielt hat, ist bestenfalls eine weitere Pointe in einem dubiosen Konzept endloser Querverweise.

Aber vielleicht ist das gegenwärtig ein allgemeines Problem: In einem Wust von Informationen bleibt man – siehe Christopher Nolan – letztlich oft als Besserwisser ohne eigene Handschrift zurück. Und dann gestaltet man "starke" Slogans und Logos, bis man – siehe oben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.6.2005)