Sessel "Silver" von Interstuhl (Design: Hadi Teherani, Hans -Ulrich Bitsch, Ulrich Nether) und Architekt Hadi Teherani.

Foto: Hersteller

Architekt Hadi Teherani

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Er gilt als Popstar unter den deutschen Architekten: Hadi Teherani (48) hat sich seinen Ruf mit kühnen Hightech-Bauten aus Glas, Stahl und Beton erarbeitet. Der Fernbahnhof Frankfurt, das Münchner Bürohaus der Swiss Re oder die Lampenfabrik Tobias Grau sind Zeugnisse einer spektakulären Ästhetik, die Teherani seit geraumer Zeit aber nicht nur in Gebäuden, sondern auch in Alltagsgegenständen verwirklicht sehen will. "Ich bin ein Perfektionist, was nützt das schönste Bürohaus, wenn darin nur schauderhafte Möbel stehen," sagt er und schließt damit ganz schnoddrig an die Idee des Gesamtkunstwerkes an, von der die klassische Avantgarde unter den Architekten - Josef Hoffmann, Adolf Loos oder Walter Gropius - schon vor 80 Jahren besessen war.

In der Ästhetisierung seines Umfeldes schlägt Teherani in einer zeitgemäßen Variante in dieselbe Kerbe. Jüngstes Ergebnis seiner Strategie ist "Silver", ein Bürosessel, den der Hamburger Architekt für den schwäbischen Sesselhersteller Interstuhl entworfen hat. Die Grundidee des High- tech-Sitzmöbels: eine vom Karosseriebau inspirierte klare Grundstruktur mit schalenförmiger Basis, geschwungenen Seitenteilen und geraden Armlehnen aus gebürstetem Aluminium.

Dass für Teherani der Eames-Chair Pate gestanden hat, ist offensichtlich. Revolutionär an "Silver" ist seine Technik, die tief im Inneren verborgen, einfach zu regulierenden Sitzkomfort bietet. Die insgesamt drei Sesselvarianten - niedrig, mittel und hoch jeweils mit oder ohne Hightech-Rollen - werden in Österreich von der Firma Bene vertrieben. Bei der von Bene organisierten Präsentation stand dann auch die brisante Frage im Mittelpunkt, inwiefern nicht gerade die Grenzen zwischen Architektur und Design verschwimmen. "Architekten tun unseren Produkten sehr gut," konstatierte Interstuhl-Inhaber Werner Link vollmundig. Das entscheidende Kriterium und die Herausforderung an die Architekten in dieser Entwicklung ist die Kunst, ihre Ästhetik zum Markenartikel zu machen. In diesem Punkt hat der Berufsstand Nachholbedarf. Hadi Teherani scheint ganz instinktiv zu wissen, wie das geht. "Wer eine gute Marke machen will, braucht den Kontakt zum Volk, über mich können Sie Artikel in der Gala und Brigitte lesen," sagt er lachend, weil er auf eine ganze Reihe von erfolgreich abgeschlossenen Design-Projekten wie einen Bürotisch, ein Waschbecken, Bodenbeläge und unlängst sogar eine eigene Musik-CD verweisen kann.

Solche Projekte machen ihm nicht nur Spaß, sondern erschließen ihm auch neue Einnahmequellen: "Als Architekt baut man einmal ein Haus und hängt dann jahrelang in der Haftung. Mit diesem Sessel werde ich auch noch in zehn Jahren Geld verdienen," sagt er unverblümt, aber nicht ohne Charme und freut sich, dass an jedem Silver-Sessel - so wie bei Markenprodukten eben üblich - ein Label mit seinem Schriftzug an den Sitzpolstern angebracht ist. Überhaupt: Architekten täten gut daran, ihr Terrain zu verteidigen, meinte Teherani abschließend, denn schließlich hätten gerade die Mode-Designer begonnen, Häuser und Hotels unter ihrem Namen zu bauen, eine Entwicklung, die, denkt man sie bis zum Ende durch, eines Tages den Architekten vielleicht sogar das Wasser abgraben könnte. Eine Starke Marke, hier war man sich einig, tut Architekten gut, und Möbeldesign ist ein richtiger Schritt in diese Richtung. (Karin Pollack/Der Standard/rondo/17/06/2005)