Wien - Trotz der weiter steigenden Defizite der Krankenkassen schließt Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (V) Beitragserhöhungen oder Leistungskürzungen für die nächste Zeit aus. Für die Versicherten belastende Maßnahmen werde es "in dieser Legislaturperiode sicher nicht" geben, sagte Rauch-Kallat im APA-Interview. Um das Defizit der Wiener Gebietskrankenkassa (WGKK) zu senken, fordert sie, das Hanusch-Krankenhaus der Stadt Wien zu übergeben. Die Verhandlungen über den Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) und damit auch über mögliche Schließungen von Spitälern oder Abteilungen werden im Herbst beginnen.

Vor der Wahl werde es "keinerlei Beitragserhöhungen oder Leistungsreduktionen" geben, versicherte die Ministerin. Für die weitere Zukunft kann sie das aber nicht ganz ausschließen. Um das gute Gesundheitssystem abzusichern, würden immer wieder Maßnahmen nötig sein. Die vom Hauptverband prognostizierten Defizite, die von 280 Millionen Euro heuer bis 2007 auf 561 Mio. steigen sollen, beunruhigen Rauch-Kallat jedenfalls nicht. Darin seien die Zahlungen des Ausgleichsfonds nicht berücksichtigt und auch die vereinbarten Einsparungen bei den Medikamenten würden noch zu einer Senkung führen. Außerdem fielen die tatsächlichen Zahlen immer geringer aus als die prognostizierten, für 2004 wurde statt 330 Mio. ein Abgang von 234 Mio. errechnet.

Trotzdem fordert Rauch-Kallat von der Wiener Gebietskrankenkasse eine konkrete Maßnahme zur Defizitsenkung. Die WGKK soll das Hanusch-Krankenhaus der Stadt Wien übergeben. "Bürgermeister Michael Häupl soll es in den Wiener Krankenanstaltenfonds integrieren." Sie selbst wäre bereit, die derzeit bestehende Pflicht der WGKK zum Betrieb des Spitals aus dem Gesetz zu streichen, betonte die Ministerin. Das Defizit des Spitals müsste die Stadt Wien zahlen, das wäre "gerechtfertigt, andere Länder müssen das auch". Im Übrigen könnten die Personalkosten im Hanusch-Spital gesenkt werden, die Beschäftigten müssten nicht um 40 bis 60 Prozent mehr verdienen als jene in vergleichbaren anderen Krankenhäusern. Für Rauch-Kallat ist jedenfalls nicht einzusehen, dass andere Krankenkassen mit ihren Überschüssen dieses Defizit abdecken.

Gesprächsbereit ist die Ministerin über den von Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karl-Heinz Kopf (V) angeregten Verkauf der Unfallspitäler der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt AUVA. Kopf hatte vorgeschlagen, die Häuser in Klagenfurt, Graz, Linz, Salzburg, Wien und Kalwang entweder an die Spitalsgesellschaften der Bundesländer zu verkaufen oder dafür einen privaten Partner zu suchen. "Das muss man in Diskussion stellen können", sagte Rauch-Kallat. Eine Leistungsreduktion wäre dadurch nicht zu befürchten.

Eine weitere Harmonisierung der Krankenversicherungsbeiträge "wird es geben", betonte die Ministerin. Eine Angleichung der derzeit bei 9,1 Prozent liegenden Beiträge der Selbstständigen an die 7,5 Prozent der ASVG-Versicherten könnte noch in dieser Legislaturperiode erfolgen. Diese Frage soll im Zusammenhang mit der auch für die Unternehmern geplanten Zukunftsvorsorge neu gelöst werden. Die für die Beamten geltenden 7,3 Prozent sollen bestehen bleiben.

Ein Ziel bleibt für Rauch-Kallat auch die Harmonisierung der Selbstbehalte. In diesem Bereich gebe es in jedem Bundesland unterschiedliche Modelle und eigene Verträge mit den Ärztekammern. Die Vereinheitlichung sei "ein großes Werk, ob das in einer Legislaturperiode machbar ist, weiß ich nicht."

Über die Forderung, künftig nicht nur Hebammen und medizinisch-technisches Personal, sondern auch Krankenschwestern an Fachhochschulen auszubilden, ist Rauch-Kallat gesprächsbereit. Die Qualifizierung des Pflegepersonals sei wichtig, es müsse aber auch Personal für einfache Pflegetätigkeiten geben. Mit den Ländern und Berufsgruppen würden verschiedene Modelle diskutiert. (APA)