Paris - Frankreich hat sich für ein striktes Einfordern von EU-Standards bei Beitrittsanwärtern ausgesprochen. Außenminister Philippe Douste-Blazy sagte am Sonntag dem Rundfunksender "Europe 1", es falle der Europäischen Union schon jetzt schwer, mit einer Zahl von 25 Mitgliedstaaten zu leben. "Und es ist augenscheinlich, dass wir bei dem einen oder anderen Land, das beitreten will, noch stärker auf die Kriterien pochen müssen", sagte der Außenminister.

Die für den 3. Oktober vorgesehenen Beitrittsgespräche mit der Türkei stellte er indes nicht in Frage. Allerdings werde er Pläne vorantreiben, ein Referendum über einen türkischen Beitritt abzuhalten, sobald die Gespräche beendet seien. "Die öffentliche Meinung ist allgemein gegen eine Erweiterung", fügte Douste-Blazy an.

"Europäische Identitätskrise"

Douste-Blazy sieht nach dem Scheitern des EU-Gipfels zudem eine "europäische Identitätskrise". Die Staats- und Regierungschefs seien bei ihren Beratungen in Brüssel "einen Millimeter vor der Einigung" gewesen, sagte Douste-Blazy am Sonntagabend dem Radio Europe-1. Doch habe Großbritannien es schließlich abgelehnt, für die Erweiterung Europas zu zahlen.

Die nationalen Egoismen hätten über das gemeinsame europäische Interesse gesiegt. Frankreich und Deutschland hätten Zugeständnisse gemacht, unterstrich der Außenminister. Wäre der Kompromiss angenommen worden, hätte das Frankreich für den Zeitraum von 2007 bis 2012 zehn Milliarden Euro gekostet. Nunmehr schlage die Stunde der Wahrheit, erklärte Douste-Blazy: "Wollen wir eine Freihandelszone oder ein politisches Europa, mit einer politischen Integration?" (APA/Reuters)